Das religiöse Leben des barocken Sankt Veit an der Wien

Die Feierlichkeiten des historischen Jahreskreises sind eine lange Liste und geben einen interessanten Vergleich zur nüchternen Gegenwart.
1765

Jänner:

Am Neujahrstag wurde eine Predigt und ein levitiertes Hochamt, wenn der Pfarrer Geistliche bekam, gehalten; um 3 Uhr Vesper unter Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes, während des Magnificat wurde die Beräucherung (Inzensierung) aller Altäre vorgenommen.
Am Vorabend der Hl. Drei Könige Räuchern: Am Vormittag des Vortages Räuchern zur Mühle in Hacking und in Unterhacking; Nachmittag zu St. Veit. Am Hl. Dreikönigstag Räuchern im Schloss und im Maierhof und in Oberhacking. Am Dreikönigstag wurde statt der Predigt die Weihe des Dreikönigswassers vorgenommen. Am Nachmittag 2 Uhr Litanei.
Zu Sebastiani (20. Jänner) ließ die Gemeinde St. Veit ein wegen der Pest 1680 verlobtes, 1711 erneuert gelobtes Amt halten.

Februar:

Zu Maria Lichtmess (2. Februar) fand statt der Predigt die Kerzenweihe statt. Eine Kerze erhielten: die Geistlichkeit, die Offizianten (wohl Assistenz und Ministranten), der Richter, die Geschworenen, Kirchenväter, der Ausschuss und die Viertelmeister, wie auch einige ehrbare Nachbarsmänner. Prozession und Hochamt; um 2 Uhr laurentische Litanei.
Zu St. Blasius (3. Februar) wurde eine Weihe von Salz und Kerzen vorgenommen und ein Segen gegen Halsweh gespendet.
An den drei Faschingstagen Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes dreimal im Tag (bei der Frühmesse, beim Hoch-amt um 9 Uhr und nachmittags von 3–4 Uhr), dabei Lied vom Hochwürdigsten Gut, musikalische Litanei und Segen.
Am Aschermittwoch Aschenweihe vor der hl. Messe und Einäscherung, wobei die lauretanische Litanei gesungen wurde.
Am ersten Fastensonntag fand die Feier der Er-innerung der Christenlehrbruderschaft durch den Missionär P. Ignaz Querck, S. J. mit feierlichem Umgang mit dem Hochwürdigsten Gut statt; darnach Hochamt mit vollkommenem Ablass. Nachmittag Miserere und Fastenpredigt an allen Fastensonntagen bei Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes. Nach der Predigt fünf Vaterunser, Segen und Kreuzpartikelküssen.

März:

Zu Quatember ließ die Gemeinde ein wegen der Pest von 1713 verlobtes Hochamt halten (dabei Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes). Die Bruderschaft vom hl. Veit ließ ebenfalls eine hl. Messe feiern.
Am St. Josefstag (19. März) Bruderschaftsfest der Bruderschaft vom bitteren Leiden und Sterben Christi mit Predigt, Hochamt mit zwei Leviten, Nachmittag nach der Litanei wurde der schmerzhafte Kreuzweg besucht. Von 1777 an lassen 33 Männer von St. Veit am 19. März zu Ehren der 33 Lebensjahre Christi und des hl. Josef ein Lobamt mit Predigt und Litanei (um eine gute Sterbestunde) feiern. Daher wurde das Bruderschaftsfest auf den 3. Sonntag im März verschoben. In der Fastenzeit fand die Christenlehre von 9–10 Uhr statt.
Am Palmsonntag war um 9 Uhr die Palmweihe, Pal-men erhielten die „Herren Offiziere“ (= die Herrschaftsbeamten), Richter, Geschworenen und die übrigen wie zu Lichtmess. Darnach wurde der Umgang abgehalten, mit nachfolgendem Singen der Passion am Chor; der Priester betete die Passion in der Stille.
In der Karwoche: Am Gründonnerstag um 9 Uhr Amt, dann Übertragung der konsekrierten Hostien an den dafür bestimmten Platz und die gewöhnlichen Zeremonien. Am Karfreitag: Zeremonien, Grablegung. Karsamstag: Weihe des Feuers, der Osterkerze und des Taufwassers; darnach Prozession und anschließend Amt. Um ½ 7 Uhr wurde die Auferstehung gefeiert, wobei das Lied „Christus ist erstanden“ gesungen und ein feierlicher Umgang außerhalb der Kirche abgehalten wurde. Die Feier wurde mit dem Te Deum laudamus und Regina coeli abgeschlossen.
Ostersonntag: Predigt und Amt mit Leviten, kurzer Umgang mit dem Auferstandenen in der Kirche. Nach dem Amt Weihe von Fleisch. Nachmittag um 3 Uhr Vesper und Inzension der Altäre.
Weißer Sonntag: Titularfest der Bruderschaft des bitteren Leidens Christi mit Predigt und Hochamt; die Bruderschaftsmitglieder gingen dabei mit brennender Kerze zum Opfergang. Nachmittag um 5 Uhr Litanei und „schmerzhafter Kreuzweg“. Nach dem Vormittagsgottesdienst wurde die Bruderschaftsrechnung vorgenommen.

April:

Von Georgi (24. April) bis Michaeli (29. September) an Sonn- und Feiertagen die erste Messe um 6 Uhr, die Nachmittagslitanei um 5 Uhr. Gebetläuten um 5 Uhr früh und 8 Uhr abends.

Mai:

Zu Kreuzerfindung (3. Mai) Amt auf dem Kreuzaltar, Aussetzung der Kreuzpartikel, vollkommener Ablass für Beichtende. Zu St. Florian (4. Mai) ließ die Gemeinde als Bitte um Abwendung von Feuersbrünsten ein 1722 verlobtes Lobamt mit Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes feiern. Am 16. Mai (Johann von Nepomuk) Hochamt am St. Annaaltar, an dem das Bild des hl. Johann von Nepomuk angebracht ist.
Am Pfingstsamstag Taufwasserweihe. Am Pfingstsonntag Predigt und Hochamt; um 3 Uhr Vesper mit Inzension der Altäre.

Juni:

In der Quatemberwoche ein verlobtes Hochamt (wie im März). Zu Fronleichnam Predigt und Amt wie an anderen Feiertagen, durch die ganze Oktav musikalische Litanei, Segen, Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes. Am 15. Juni (St. Veit) Patrozinum: Um 6 Uhr Segenmesse, 9 Uhr Predigt und Hochamt, vollkommener Ablass für die Kirchenbesucher. 3 Uhr Vesper und Inzension der Altäre. An diesem Tage kamen zwei Prozessionen, seit 1765 eine von Baumgarten, die um 7 Uhr eine Segenmesse feierte; die zweite Prozession kam von Mauer, sie ließ um 8 Uhr ein musikalisches Amt feiern. Beide Prozessionen waren anlässlich eines „Viehumfalles“ (Viehseuche) verlobt. Am St. Veitstage fanden sich auch andere Wallfahrer ein, die dem hl. Veit Wachsopfer brachten, teils „nach alter Gewohnheit allerhand ,Geflüglet‘" opferten, „willen der Heilige in verschiedenen Nöthen als absonderlich von denen Eltern wegen der Kinder-Fraiß, beifallende Krankheit, Viehseuche und auch zur Pestzeit als besonderer Schutz Patron nicht nur von den Einwohnern, sondern auch von den Auswärtigen verehrt und angerufen wird“. Es wurde eine Reliquie vom hl. Veit ausgesetzt und zum Küssen gereicht.
Am Sonntag nach dem Feste des hl. Veit, an welchem früher das Kirchweihfest der gotischen Kirche gehalten wurde, wurde nun seit dem Neubau der Kirche die Fronleichnamsprozession im Orte gehalten. Nachmittag Vesper mit Inzension der Altäre. Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes von der Frühmesse bis zum Hochamt. Zum Umgang kam eine vom Pfarrer geführte Prozession von Hütteldorf. Der Pfarrer von Hütteldorf hielt das Hochamt und den Umgang.

Juli:

Am 3. Sonntag, gewöhnlich vor St. Magdalena, kamen seit 1745 die Piaristen mit der Bruderschaft des hl. Johann von Nepomuk und einer zahlreichen Prozession zu Maria Zuflucht der Sünder. Sie hielten hier Predigt und Amt. Nachmittags 3 Uhr musikalische Litanei und Segen. Die Prozession wurde vom und bis an das Ende des Ortes ein- und ausbegleitet.
Am 22. Juli (Maria Magdalena) Bruderschaftsfest der Bruderschaft vom bitteren Leiden Christi. Predigt und levitiertes Hochamt, Ablass. Um 2 Uhr Litanei und Kreuzweg. Am 26. Juli (St. Anna) beim St. Annenaltar Hochamt.

August:

Am 2. August Portiunkulaablass. Am 15. August (Maria Himmelfahrt) Predigt und levitiertes Hochamt, vollkommener Ablass, 2 Uhr Nachmittag Litanei wie sonst.

September:

Am 9. September verlobtes Lobamt der Gemeinde St. Veit (wegen der Pest von 1655), feierlicher Umgang mit dem Hochwürdigsten Gut durch den ganzen Ort wie zu Fronleichnam.
In der Quatemberwoche gewöhnliches Quatemberamt und Messe wie sonst. Am 3. Sonntag (Fest der Sieben Schmerzen Mariens) hielt die Bruderschaft vom Leiden Christi ihr Fest mit Predigt und Hochamt, Nachmittag Litanei und Kreuzweg; Ablass. Am Sonntag vor Michaeli Kirchweihfest mit Predigt, Hochamt und Vesper, hochfeierlich. Vollkommener Ablass für Lebende und Tote. Am Fest der Kreuzerhöhung (14. September) beim Kreuzaltar ein Amt, Ablass. An diesem Tage kamen von Hütteldorf, Penzing, Ottakring und Gumpendorf Prozessionen. Zu St. Michael (29. September) war vor dem „Lesen“ (Weinlese) letzte Predigt.
Von Michaeli bis Georgi fand die Frühmesse an Sonn- und Feiertagen um 7 Uhr statt, die Litanei am Feierabend um 4 Uhr. Gebetläuten um 4 Uhr früh und 7 Uhr abends.

In der „Leszeit“ im Oktober wurde weder Predigt noch Christenlehre gehalten an Sonn- und Feiertagen, um 9 Uhr war Hochamt und Nachmittag Litanei mit Segen, „wenn es anderst die Umstände“ dieser Zeit gestatteten.

November:

Zu Allerheiligen war Predigt und Amt mit Assistenz, um 2 Uhr Vesper mit Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes, dann Predigt, Totenvigil und Prozession auf den Friedhof („Freudhof“ geschrieben, wie die Mundart sagte und sagt). Zu Allerseelen um 9 Uhr Seelenamt mit zwei Leviten, Prozession auf den Friedhof, in der Totenkapelle hl. Messe für die Verstorbenen. An einem gelegenen Tag wurde ein Requiem für die verstorbenen Bruderschaftsmitglieder gehalten.

Dezember:

Im Advent um 6 Uhr Sonn- und Feiertagspredigt, Rorate mit Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes, an Werktagen um ½ 7 Uhr Rorate mit Segen; vor der Wandlung wurde das „gewöhnliche Frauenlied“, nach der Wandlung das Adventlied „Ave Maria clara“ gesungen. Die Kirchenväter sammelten für Wachs zur Rorate.
Zu Maria Empfängnis (8. Dezember) war Früh-gottesdienst und um 9 Uhr Hochamt. In der Quatemberwoche ein verlobtes Hochamt samt hl. Messe. Am Heiligen Abend wurde um 11 die Metten mit Te Deum laudamus gesungen, dann folgte um 12 Uhr ein levitiertes Hochamt und gleich anschließend noch zwei hl. Messen. Am Christtag um 7 Uhr früh wurden drei hl. Messen gelesen, um 9 Uhr war Predigt und Hochamt mit Assistenz, dann noch zwei hl. Messen. Nachmittag um 3 Uhr Vesper und Inzensierung der Altäre. Zu Johann Evangelist (27. Dezember) wurde das Bruderschaftsfest der Bruder-schaft vom bitteren Leiden Chirsti mit Predigt und levitiertem Hochamt gefeiert. Nachher wurde die Weihe des Johannisweines vorgenommen und dieser zum Trinken gereicht. Am Tag der Unschuldigen Kinder wurde bei der Frühmesse die lauretanische Litanei gebetet und eine Arie auf dem Chor gesungen.
An Samstagen wurde die Litanei im Sommer um 6 Uhr gebetet, um 7 Uhr folgte der Rosenkranz und das Lied am Feierabend.

Am 5. Sonntag nach Ostern wurde seit 1773 auf erzbischöfliche Anordnung das Fest von der immerwährenden Anbetung des allerheiligsten Altarsakramentes mit vollkommenem Ablass gefeiert: Um 6 Uhr früh hl. Messe mit Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes, Frühpredigt. Um 7 Uhr und 8 Uhr hl. Messen mit Betstunden von je zwei Vierteln der Gemeinde St. Veit. Um 9 Uhr Hauptpredigt, um 10 Uhr Hochamt mit zwei Leviten. Nachmittag 2 Uhr Exhorten, um 3 Uhr Vesper mit Betstunde der Gemeinde Hacking, von 4–5 Uhr Betstunde der anderen Teile der Gemeinde St. Veit, um 6 Uhr musikalische Litanei, Umgang mit dem Allerheiligsten bis zum 1. Steg.

Von 1772 an lässt die Todesangst-Bruderschaft am 5. Sonntag nach Pfingsten das Herz-Jesu-Fest mit Predigt, levitiertem Hochamt und Vesper feiern, dabei Opfer und brennende Kerzen der Mitglieder.

Quellen:
Kraft, Josef: Aus der Vergangenheit von Ober-St. Veit. Wien: Europäischer Verlag, 1952, geschrieben auf Basis der 1765 von Pfarrer Mösle begonnen Ober St. Veiter Pfarrchronik

Übertragen von hojos
im April 2014