Die Verhöhnung des Bürgers

Sie hat viele Facetten. Eine sind unpassende Standardmails.
24.02.2015

E-Mail vom 12. Jänner 2015 an 'michael.ludwig@wien.gv.at'

Sehr geehrter Herr Dr. Ludwig!

Die Gemeinde Wien hat der pro mente Reha Gmbh einen Baurechtsvertrag zur Errichtung eines Rehabilitationszentrums zugesagt. Ist hier schon geprüft worden, ob dieses Projekt inmitten eines Landschaftsschutzgebietes, und zwar genau an der biologisch wichtigen Verbindung des heutigen Lainzer Tiergartens mit dem Hörndlwald, den Intentionen des Wiener Naturschutzgesetztes entspricht und alle Bestimmungen des § 24 dieses Gesetztes, das ja u.a. Neubauten im Landschaftsschutzgebiet untersagt, eingehalten werden können? Läuft hier bereits ein naturschutzrechtliches Verfahren der zuständigen Behörde und werden die Ergebnisse bzw. der abschließende Bescheid samt den zugrunde liegenden Sachverständigengutachten öffentlich zugänglich sein?

Mit bestem Dank im Voraus für eine Information verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Josef Holzapfel

Antwort per E-Mail vom 23. Februar 2015, Absender mario.bachmayer@wien.gv.at (nicht ident mit dem Unterzeichner)

Sehr geehrter Herr Holzapfel! 

Bezug nehmend auf Ihre E-Mail an Herrn amtsführenden Stadtrat Dr. Michael Ludwig betreffend Bebauung Hörndlwald, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Das Immobilienmanagement der Stadt Wien (MA 69) bemühte sich intensiv, die seit Jahrzehnten im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ausgewiesenen Areale rund um das ehemalige Josef-Afritsch-Heim sowie die Franziska-Fast-Wohnanlage, die über viele Jahre unterschiedlichste Einrichtung beherbergten, auch in Hinkunft wieder einer sinnvollen und zugleich verträglichen Nutzung, die sowohl im Interesse der Stadt, des Bezirks als auch der Anrainer ist, zuzuführen. Für sämtliche Überlegungen dazu galt die Erfüllung zweier wesentlicher – und gänzlich außer Streit stehender – Faktoren als Grundvoraussetzung: So muss ein in Betracht zu ziehendes Projekt selbstverständlich widmungskonform und im Rahmen der geltenden Bestimmungen realisierbar sein. Damit kann auch sichergestellt werden, dass das angrenzende Gebiet des Hörndlwalds als Natur- und Naherholungsgebiet bewahrt bleibt.

Nach Prüfung verschiedenster Projekte – auch gemeinsam mit der Bezirksvertretung – konnte jetzt mit der pro mente Reha Gmbh eine ideale Partnerin gefunden. Die pro mente Reha GmbH plant auf diesem Standort ein Rehabilitationszentrum zu errichten. Ein Projekt, dessen Realisierung im Einklang mit den seit Jahrzehnten gültigen Nutzungsbestimmungen sowie natürlich auch unter Erfüllung der ausgeführten Grundvoraussetzungen steht. Zudem wird mit diesem Projekt selbstverständlich auch dem gemeinsamen Antrag von ÖVP, Grüne und SPÖ, der in der Bezirksvertretungssitzung am 30. September 2009 eingebracht und einstimmig beschlossen wurde, entsprochen. Die entsprechenden Forderung, die Liegenschaften nicht zu verkaufen, die bestehenden Grünflächen zu erhalten sowie eine Nachnutzung ausschließlich für soziale und nicht-spekulative Zwecke zu prüfen, werden damit voll und ganz erfüllt.

Gerade dieser Standort ist aufgrund seiner abgeschiedenen Ruhelage für eine Reha-Einrichtung – etwa für PatientInnen, die unter Burn-Out oder Depressionen leiden, bestens geeignet. Die Patientinnen und Patienten profitieren von der naturnahen Einbettung des Reha-Zentrums. Gleichzeitig bleibt aber die öffentliche Durchwegung des Geländes erhalten und somit auch zukünftig der Naherholungsraum Hörndlwald für die AnrainerInnen bestehen. Ein erhöhtes Aufkommen des täglichen Individualverkehrs – wie es bei einer Wohnhausanlage der Fall wäre –  ist bei dieser sanften Nutzung des Geländes nicht zu erwarten.

Mit dem Standort Hörndlwald bietet die pro mente Reha GmbH zukünftig auch in Wien ein Therapiekonzept an, das neben der 2002 im Sonnenpark Bad Hall (Oberösterreich) erstmals gestarteten Einrichtung auch an vier weiteren stationären Zentren bestens erprobt ist. , um rasche Hilfe anbieten zu können und bestehende Wartezeiten zu verkürzen. Durch das Rehabilitationszentrum Hörndlwald kann auch in Wien zukünftig rasche Hilfe angeboten und somit bestehende Wartezeiten deutlich verkürzt werden. Arbeitsmarkt-, gesundheits- und sozialpolitisch ist die Wirkung der medizinisch psychiatrischen Reha nachhaltig.

Der neue Standort Hörndlwald ist den bisherigen Standorten ähnlich, denn Umgebung und Ruhe tragen zur Genesung der Patienten ebenso bei wie ein fundiertes Rehabilitationskonzept. Die Lage und Einbettung des psychosozialen Zentrums für medizinisch psychiatrische Reha in die Umgebung sind essentiell für Patienten, Mitarbeiter und Anrainer.

Das Gesamtprojekt entspricht zudem genau jener Ausführungen, die auch in der Vergangenheit mit dem ehemaligen Josef-Afritsch-Heim und der Franziska-Fast-Wohnanlage bestanden haben. Im Bereich des ehemaligen Josef-Afritsch-Heimes waren 2.146 m2 verbaut. Das entspricht den im Plandokument aufgewiesenen Anteil von max. 35 % verbaubarer Fläche von 6.130 m2. In diesem Bereich des Geländes ist die Errichtung von Gebäuden mit max. 6,5 Metern Höhe gestattet. Die restlichen 65 % dieser Fläche sind gärtnerisch auszugestalten. Am Areal der derzeit noch bestehenden Franziska-Fast-Wohnanlage sind 905 m² verbaut. In diesem Bereich ist die Errichtung von Gebäuden mit einer max. Höhe von 4,5 Metern zulässig. Mehr Fläche kann auch bei dem von pro mente Reha geplanten Projekt nicht verbaut werden. Dass selbstverständlich auch darüber hinaus die geltenden bau- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten sind, muss in diesem Zusammenhang nicht extra betont werden.

Für Anrainer und Erholungssuchende wird auch weiterhin die uneingeschränkte Nutzung des Areals garantiert, durch eine öffentlich zugängliche Cafeteria zukünftig sogar aufgewertet. Der Naherholungsraum Hörndlwald bleibt also im bisher gewohnten Umfang auch zukünftig bestehen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass in Kenntnis all dieser Informationen keineswegs von einer Verbauung des Hörndlwald gesprochen werden kann. Vielmehr stand der Erhalt und die Bewahrung des Natur- und Naherholungsgebiets stets im Mittelpunkt. Beides wird mit dem nun vorliegenden Projekt auch erfüllt.

Über die weiteren Schritte der Realisierung sowie zu den Details zum Projekt an sich wird die pro mente GmbH zeitnah informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Mag. Dr. Sandro Forst
Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau & Stadterneuerung

Weiteres E-Mail vom 23. Februar 2015 an mario.bachmayer@wien.gv.at

Sehr geehrter Dr. Forst! 

Meine Frage, die Sie offensichtlich nicht gelesen haben, lautete: „ … Ist hier schon geprüft worden, ob dieses Projekt inmitten eines Landschaftsschutzgebietes, und zwar genau an der biologisch wichtigen Verbindung des heutigen Lainzer Tiergartens mit dem Hörndlwald, den Intentionen des Wiener Naturschutzgesetztes entspricht und alle Bestimmungen des § 24 dieses Gesetztes, das ja u.a. Neubauten im Landschaftsschutzgebiet untersagt, eingehalten werden können? Läuft hier bereits ein naturschutzrechtliches Verfahren der zuständigen Behörde und werden die Ergebnisse bzw. der abschließende Bescheid samt den zugrunde liegenden Sachverständigengutachten öffentlich zugänglich sein?“ 

Die untenstehende Beantwortung gleicht einem pro-mente-Werbeprospekt und ist so gut wie keine Antwort. Will man daraus trotzdem eine Stellungnahme zum Naturschutz herauslesen, so kann sie nur lauten: „Die naturschutzrechtlichen Bestimmungen werden durch Missachtung eingehalten“. Ganz im Sinne orwellschen „Neusprechs“.

Mit freundlichen Grüßen
Josef Holzapfel

hojos
24. Februar 2015