Frühe Besiedelungsspuren in Hietzing

Aus Gerhard Weissenbachers in Hietzing gebaut

Schon aus der Altsteinzeit sind Funde belegt, die menschliche Besiedelung im Gebiet des h. 13. Bezirkes erweisen. Beim Haus Titlgasse la wurden 1969 Reste eines Mammutstoßzahnes sowie Abschlagmaterialien von Steinwerkzeugen entdeckt. Diese Zeugnisse aus der Zeit zwischen 25000 v. Chr. und 20000 v. Chr. sind der älteste urgeschichtliche Besiedelungsnachweis im Wiener Raum.

Aus der Mittelsteinzeit stammen die mit etwa 6000 v. Chr. datierten Funde an dem zur Wlassakstraße hin gelegenen Südhang des Gemeindeberges.

Aus der Jungsteinzeit sind Funde am Schönbrunner-, Girzen-, Gemeinde- und Nikolaiberg sowie am Roten Berg, in den Bereichen der Wenzgasse und der Auhofstraße 221 bekannt. Die Ausgrabungen am Gemeindeberg, wo sich eine bedeutendere Ansiedlung befand, bezeugen überwiegend Kulturbeziehungen nach dem Norden.

In der Gegend der h. Gober-, Steinhardt- und Jagdschloßgasse lag ein Bergbaubetrieb der Jungsteinzeit, in dem man Hornstein abbaute.

In der Bronze- und Eisenzeit führte, da das Tal des Lainzerbaches versumpft war, die Nord-Südverbindung am Osthang des Roten Berges über den Lainzer Sattel. Zwischen Veitingergasse und Tolstojgasse fand man einige Gräber mit Beigaben, u. a. einem 75 cm langen Schwert, aus der Eisenzeit.

Aus römischer Zeit stammen Gräber in der Sauraugasse und Gebäudereste in der Veitingergasse und Lainzer Straße 119 sowie etliche Kleinfunde. Ecke Veitingergasse und Rotenberggasse fand man Siedlungsnachweise, z. B. einen Ziegel mit dem Stempel der X. Legion und ein kleines Gräberfeld. Die Funde Ecke Sauraugasse/Gobergasse bestehen aus zwei Steinsarkophagen, einem Ziegelgrab und einer einfachen Erdbestattung. Eine Wasserleitung, die über den Rosenhügel in das Legionslager Vindobona führte, verlief entlang der h. Fasangartengasse und am Fuße des Küniglberges.

Wahrscheinlich im ersten Jahrhundert n. Chr. erbaut, wurde sie frühestens im zweiten Jahrhundert verbessert und vermutlich während der Völkerwanderungszeit zerstört. Den Lainzerbach entlang verlief eine römische Straße, die an der Stelle der h. Kennedybrücke in einer Furt den Wienfluß überquerte. Von der Römerstraße, die über den h. Flötzersteig in das Wiental führte, zweigte in der Gegend der h. Einsiedeleigasse ein Nebenweg durch die Lainzer Mulde ab.

Seit der Mitte des sechsten Jahrhunderts durchstreiften nomadisierende Awaren von der Ungarischen Tiefebene aus das Gebiet zwischen der Enns und den östlichen Ausläufern des Wienerwaldes, ein "Niemandsland" an der Grenze gegen die Bayern. Nach ihren Niederlagen gegen Karl den Großen wurden in Niederösterreich keine awarischen Gräberfelder mehr belegt.

1860 fand man im Zuge des Baues der Verbindungsbahn mindestens vier awarische Reitergräber und einige Frauengräber. Leider wurde damals nicht exakt dokumentiert, vieles wurde zerstört, u. a. auch einige Latène-Gräber, sodaß die Funde nicht mehr genau lokalisierbar sind. Sie dürften zu einem Gräberfeld, das Teil eines militärischen, vielleicht auch politischen Zentrums war, gehört haben. Die Beigaben bestanden u. a. aus Ohrschmuck, einer Mantelschließe, Goldblech-Zierbeschlägen, Bronzeschnallen, Pfeilspitzen, Äxten sowie aus Eisen geformten Waffen (Beil, Säbel) und Steigbügeln.

1910 stieß man bei einem Wasserleitungsbau in der vier Jahre vorher angelegten Spohrstraße auf mindestens sechs awarische Gräber und mindestens eine latènezeitliche Bestattung an der Kreuzung Spohrstraße, Schrutkagasse, Tolstojgasse. 1953/54 wurde in der Dostojewskijgasse 30 beim Aushub für ein Wasserbecken ein awarisches Grab zerstört, 1955 in der Dostojewskijgasse 28 ein Grab angeschnitten.

Aus der Spätawarenzeit (achtes Jahrhundert) stammen jene drei Gräber, die im Juni 1956 im Bereich Käthe-Leichter-Gasse 17/Spohrstraße 4 gefunden wurden. Beigaben waren Feuerschläger aus Eisen, Rasiermesser und je eine Bronze- und Eisenschnalle. Ein bayrisches Gefäß weist auf Handelskontakte hin.  Im selben Jahr fand man in der Fichtnergasse 4 ein Gefäßrandfragment.

Unter der Herrschaft der Awaren lebten einige Slawenstämme, die seit dem ausgehenden sechsten Jahrhundert von Osten her weit in den Alpenraum vorgedrungen waren. Ihre Gräberfelder sind mit den meist typisch awarischen Beigaben archäologisch nur sehr schwer von jenen der Awaren zu unterscheiden. Erst mit der abnehmenden Bedeutung der Awarenmacht ist eine Differenzierung zu erkennen, und es gibt seit dieser Zeit eigene slawische Begräbnisplätze.

Die slawischen Siedlungen werden wohl die karolingische Phase und die ungarische Herrschaft im zehnten Jahrhundert überdauert haben und sind erst in der zweiten deutschen Siedlungswelle verschwunden. Viele Ortsnamen, besonders am Abhang des Wienerwaldes, dokumentieren die Anwesenheit der Slawen im Wiener Raum, z. B. Liesing (lesu/lesnica = Waldbach), Mödling (medlihha = langsam rinnendes Gewässer) oder Döbling (topl = sumpfige Stellung).

Im Namen "Trazerberg" (früher Grazerbühel ) dürfte "gradec", slawisch "kleine Burg", stecken. Die slawische Herkunft des Namens Lainz ist umstritten.

Die deutsche Besiedelung erfolgte in zwei Schüben. Der erste unter den Karolingern wurde durch ungarische Einfälle gestoppt. Erst nach der Niederlage der Ungarn auf dem Lechfeld (955) konnte die deutsche Kolonisation voll einsetzen. Die ältesten Nennungen von urkundlich belegten deutschen Ortsnamen östlich des Wienerwaldes nach 1000 sind um 1015 Godtinesfeld, das spätere St. Veit, und 1028 Simmering. Die ansässige slawische Bevölkerung lebte weitgehend von Viehzucht und lernte den Pflug erst durch die neuen Siedler kennen. Ihr Land fiel dem deutschen König als Kriegsbeute zu, sie selber spielten danach bei der Kultivierung keine Rolle mehr; vielmehr zog man Neusiedler als Kolonisten heran, und an den Ausläufern des Wienerwaldes wurde ein Kranz von Dörfern angelegt. Die Herkunft der führenden Schicht ist unbekannt, da keine Familie der neu Angesiedelten namentlich eindeutig festgestellt werden konnte.

Der alte Name der Gemeindeberggasse, "Hausberg-Straße", weist auf eine einfache Wehranlage aus dem 9. bis 12. Jahrhundert auf dem Gemeindeberg hin. Konkrete Anhaltspunkte für ein derartiges Bollwerk etwa in Form eines von Palisaden umgebenen und auf einem Steinfundament errichteten Holzturmes sind allerdings bis jetzt nicht nachweisbar.

Vermutlich befand sich auch auf dem Trazerberg eine Hausberganlage aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Spuren von zwei Teilen des Hochwerkes einer Wehranlage sind feststellbar.

Im Mittelalter führte der Verkehrsweg nach Westen nördlich des Wientales durch die Orte Baumgarten und Hütteldorf. Deshalb nahmen die abseits liegenden Siedlungen Hietzing, St. Veit, Hacking, Lainz und Speising eine relativ eigenständige Entwicklung. Eine immer größere Rolle spielte aber die Nähe zur Stadt Wien.

Quellen:
Weissenbacher, Gerhard: In Hietzing gebaut: Architektur und Geschichte eines Wiener Bezirkes. Wien: Verlag Holzhausen, Band I 1996 S. 9 ff

Übertragen von hojos
im Dezember 2012