Meine Erinnerungen an Kaiserin Zita und Dr. Keisky

Von Helene Gössl (1911–2006), Gastwirtin in der Firmiangasse
1989

Ab 1919 durfte unsere ehemalige Kaiserin Zita aufgrund der Habsburgergesetze nicht mehr nach Österreich. Es war Dr. Bruno Kreisky, der ihr nach 63-jährigem Exil im Jahr 1962 den Weg zur Einreise ebnete.

Als sie 1989 gestorben war, ermöglichte mir eine Bekannte die Teilnahme am Requiem. Die Bekannte war unsere ehemalige Köchin, die jetzt für Dr. Kreisky arbeitete. Beim Begräbnis wurde ich gefilmt und bekam auch ein Gedenkbild mit dem Porträt Zitas. Auf der anderen Seite war das Gebet: „Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich" abgedruckt.

Im selben Jahr fuhr ich nach Mallorca auf Urlaub. Dort hatte Dr. Kreisky ein Haus, in dem ihn viele Wiener besuchten. Das wollte ich auch, und die Bekannte lud mich ein. Als ich in seinem Haus eintraf, wurde ich auf etwas später vertröstet, da Dr. Kreisky ein Mittagsschlaferl hielt. Ich wartete mit meiner als Geschenk gedachten Flasche Wein. Um drei Uhr war es soweit. Dr. Kreisky empfing mich wienerisch herzlich: Wir plauderten über unsere Krankheiten. Ich gab ihm die Flasche Wein und sagte: „Schöne Grüße aus Traiskirchen", und er bedankte sich. Ich bedankte mich im Gegenzug, dass er sich für die Einreise der Kaiserin Zita eingesetzt hatte. Ich erzählte von meiner Teilnahme an dem Requiem in der Stephanskirche und zeigte ihm das Gedenkbild. Er betrachtete es und sagte zu seiner Angestellten: „Bitte besorg' mir so ein Gedenkbild!" „Das geht jetzt nicht mehr, denn diese Bilder bekommt man nur bei Begräbnissen", warf ich ein und fügte kurzentschlossen hinzu: „Aber wenn ich Ihnen damit eine Freude machen kann, behalten sie dieses!" Er bedankte sich, und ich verabschiedete mich.

Die Jahre vergingen und Dr. Kreisky starb. Der Haushalt auf Mallorca wurde aufgelöst, und meine Bekannte brachte mir aus Kreiskys Nachtkastl Kaiserin Zitas Gedenkbild nach Wien zurück. Hat er gebetet?

Quellen:
Aufgeschrieben von Helene Gössl

Eingestellt von hojos
im November 2012