Wieder ein Stück weniger "Alt-Hietzing"
Der Heurige und seine Behausung in der Altgasse 16 mussten einem Neubau weichen.
06.11.2010
In der Bezirkszeitung, Ausgabe 02/2007 wurde über das Wiener Lokal in der Altgasse 16, das sich innerhalb von 20 Jahren zu einem der renommiertesten Heurigen Wiens gemausert hatte, in folgender Weise berichtet:
"Ob Kardinal Schönborn, Harry Belafonte oder Christina Stürmer: Sie alle schwärmen von den heiteren Stunden bei Carmen und ihrem Sohn Oliver Fraenkel. Die g'standenen Hietzinger betreiben seit rund zwanzig Jahren den beliebten Treff in der Altgasse. Es schien wie ein perfekter Traum, bis plötzlich eine Kündigung des Mietvertrags ins Haus flatterte. "Seit 2001 versuchen uns die Erbinnen zu vertreiben", sagt Carmen und berichtet wehmütig über den Tod ihrer Freundin und früheren Eigentümerin, Frau Pichler. "Nach ihrem Tod tauchten plötzlich die Töchter hier auf. Seither setzen die beiden alles daran, den Heurigen zu schließen, das schöne Gebäude niederzureißen und nach Möglichkeit einen lukrativen Neubau wagen", bringt Oliver, einst jüngster Gastronom Österreichs, die nahe liegende Vermutung auf den Punkt. Dabei haben die erfolgreichen und sympathischen Unternehmer prominente Fürsprecher. Bezirksvorsteher Heinz Gerstbach zeigte sich über die Nachricht schockiert. "Keine Lärmbelästigung, hohe Qualität und reizendes Personal zeichnen diesen Wirt aus. Der Hietzinger Heurige ist eine Art Wahrzeichen für unseren Bezirk geworden. Es wäre wirklich schade drum". Mit der Begründung des „nachteiligen Gebrauchs" ging die Klage durch drei Instanzen. Carmen Fraenkel: "Lokalaugenschein gab es keinen". Der Oberste Gerichtshof entscheidet noch diese Woche."
Soweit der Bericht in der Bezirkszeitung. Der OGH hat offensichtlich nachteilig für den Heurigen entschieden, denn am 23. Jänner 2007 schloss er seine Pforten. Das Haus im ältesten Teil Hietzings, schon im franziszeischen Kataster von 1819 mit der CNr (Konskriptionsnummer) 188 vermerkt, musste einem Neubau weichen. Wie die folgenden Fotos zeigen, blieben nur wenige Mauern stehen, einem Alibi für den ansonsten grob missachteten Schutzzonengedanken gleich. Wohl ist es etwas kleiner als in den ursprünglichen Entwürfen geraten und gemessen an den heute sonst üblichen Bauweisen auch bemüht Ensemble-orientiert, doch verändert sich dadurch der Charakter an dieser Stelle der Altgasse grundlegend. Das alte Haus war das letzte ebenerdige, das neue hat einen Stock plus Dachausbau zusätzlich. Die Mitte der Fassade "ziert" ein unerwartet wuchtiges Gesimse, mit dem wohl der obere Abschluss des alten Hauses gezeigt werden soll. Aus der sterilen Fläche darüber schauen tote Fenster auf eine zunehmend leblosere Gasse, denn auch die Funktion des Hauses hat sich offensichtlich auf die reine Wohnfunktion reduziert. Das ist ebenfalls dem Schutzgedanken widersprechend. Dafür gibt es jetzt eine romantische Garageneinfahrt und oben auf dem Dach einen Klettergarten für Rauchfangkehrer.