Wo sind die Kassenärzte geblieben?

05.01.2018

Wir alle freuen uns über den Kinderreichtum in unserer Region. Wir sehen aber auch die Probleme, mit denen viele Jungfamilien konfrontiert sind. Eines davon sind die notwendigen Arztbesuche bei einem immer ungünstiger werdendem Verhältnis von Kassenärzten zu Wahlärzten. Die Konsultation eines wahlärztlichen Frauenarztes oder Kinderarztes kann durchaus an die 100 Euro kosten, von denen erfahrungsgemäß nur ein Bruchteil von der Krankenkasse rückerstattet wird. Dem ist praktisch nicht zu entkommen. Das zeigt die Praxis und das bestätigt auch das Internetportal www.docfinder.at für den 13. Bezirk: Von den gelisteten sieben Kinderärzten haben nur zwei Ärzte einen Kassenvertrag. Hier ist also eine „Zweiklassenmedizin“ entstanden, die sich durchaus fatal in der Börse junger Familien niederschlagen kann.

Das ist ein Armutszeichen für das österreichische Gesundheitssystem, das sich zunehmend von seinen solidarischen Grundpfeilern entfernt, und ein Armutszeichen für die Familienpolitik. Statt junge Familien, die im Normalfall ohnehin nur mehr mit zwei Gehältern über die Runden kommen, verstärkt zu fördern, wird ihnen eine neue Belastung zugemutet. Den Kassen ist’s recht, weil sie ersparen sich Geld. Den Ärzten ist’s recht, weil sie verdienen mehr und sind freier. Und die Politik?

Die Bezirksvorstehung findet diese Entwicklung zu immer mehr Wahlärzten und weniger Kassenärzten für die Patienten und besonders für junge Familien bedenklich und fordert eine Gegensteuerung. Sie hofft dabei auf die neue Regierung. Was die Versorgung mit Kinderärzten in Hietzing betrifft, gibt es Gespräche des Bezirkes mit der Sozialversicherung, um hier einen zusätzlichen Kassenarzt zu bekommen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei allen anderen medizinischen Disziplinen. Darüber hinaus ist auch noch auf einen moralisch bedenklichen Aspekt hinzuweisen: Es bürgert sich die „kreative Erstellung“ von Honorarnoten ein, um den Rückerstattungsbetrag durch die Krankenkasse zu erhöhen. 

(Zur Titelgrafik: Diese ist ein Ausschnitt aus dem Umschlagbild zu Benedikt Kobels drittem Buch „Götter in Weiß“. Mit der Veröffentlichung von „Küss die Hand“ sind es mittlerweile fünf Bücher geworden.)

hojos
im Jänner 2017