Comissions-Protokoll

St. Veit, den 28. Februar 1850
28.02.1850

Aufgenommen in Betreff den von dem Druckfabrikanten Hr. Benjamin Spitzer zu St. Veit überreichten Gesuches um Bewilligung der Wasserleitung aus dem Wienfluße bei Hacking in seine Fabrik zu Ober St. Veit Nr. 139 mittels eines in einem alten Rinnsale aufzuwerfenden Grabens und wegen des dagegen von den Eigenthümern der Zuckerraffinerie zu Ober St. Veit Hr. W. Edler v. Wertheimstein und dem Mühlbesitzer Herr Michael Menzl zu Ober St. Veit 136 und Hr. Karl ... Moßbacher Nr. 33 zu Hietzing erhobenen Protestes.

In Gegenwart der Gefertigten

Zur Erhebung des Sachverhaltes wurde von der k.k. Bezirkshauptmanschaft Hietzing die heutige Lokal Comission mit Zuziehung der Interessierten angeordnet. Es wurde demnach von den k.k. He Kreis Ingenieur mit sämtlichen Comissionsglieder die in der oben erwähnten Eingabe angeführter Strecke von der Spitzeschen Druckfabrik bis zur Einmündung für den neuen Wasserleitungsgraben am rechten Wienufer oberhalb des Hackinger Steges bei der sogenannten Felberau in Augenschein genommen und gefunden, daß für die Zuleitung des Wienwassers an der letztbenannten Stelle ein Steinr… und etwas weiter abwärts ein ... bereits erbaut, und eine Einlaßschleiße und Holz mit einer lichten Weite von 3 Schuh und 4 Schuh Höhe in der Herstellung begriffen ist, dann daß durch die ganz Strecke eine an der Sohle 3 1/2 Schuh breiter Wasserzuleitungsgraben, über die Hutweide von Hacking und Ober St. Veit hergestellt worden ist, und daß ferner über diesen Graben ein Schußbrett zur Ableitung des Wassers aus dem St. Veiter Ortsgraben in den Wienfluß, und 100 Klafter von dort weiter Abwärts eine Ablaßschleiße von 3 Schuh breit, errichtet worden ist.

Es wurde ferner gefunden, daß dieser neue Wasserzuleitungsgraben, wie dies von mehreren der Commissionsgliedern zugegeben wurde, indem durch Ausräumung und Regulierung des bereits seit Jahren bestandenen in die ehemalige Neumühle – jetzt Zuckerraffinerie des Hr. E. v. Wertheimstein – führenden, daselbst zwar verschütteten, dann aber weiter bis gegen Unter St. Veit noch bestehenden Mühlbachgrabens geleitet worden ist, ferner wurde wahrgenommen, daß in dem Hofraume der Spitzerschen Fabrik Nr. 139 zur Gewinnung eines neuen Wassergefälles von circa 8 Schuh Höhe behufs der Errichtung eines Wasserwerkbaues auf seinem Grunde eine Radstube von circa 10 Schuh breite ausgraben und mit Bruchsteinen ausgemauert worden ist und daß endlich von dieser Radstube aus zur weitern Ableitung dieses Werkbaches über die Gemeinde Hutweide von Ober St. Veit eine Strecke auszugraben angefangen wurde, deren Fortsetzung von der Amtsverwaltung St. Veit einstweilen eingestellt worden ist.

Nach dieser Erhebung wurde Hr. Benjamin Spitzer aufgefordert anzugeben, zu welchem Behufe er den ohne Zustimmung der betreffenden Behörde und Interessenten ausgehobenen Wasserzuleitungsgraben und das der angränzenden Zuckerraffinerie vormals Chokoladenfabrik Nr. 135 in Ober St. Veit angeblich eigenthümliche Wassergefäll von dem bestandenen Mühlbache sich zugeeignet habe.

Hierauf erinnert Hr. Benjamin Spitzer, es befindet sich in seiner Fabrik ein sogenannter Pferdegang, welchen zur Ersparung der Pferdekräfte mittelst Wasserkraft in Betrieb setzen und zugleich das in seiner Fabrik sich sammelnde Wasser und Unrath in den neuen Wassergraben abzuleiten, welches er zugleich mittelst Einhängung eines Wasserrades in die Radstube zum Betriebe mehrere Maschinen benutzen will.

Das Recht, dieses neue Wasserwerk ohne vorläufiger Bewilligung der betreffenden Behörde und ohne Zustimmung der Mitinteressenten zu erbauen angefangen zu haben, glaubt er durch den Umstand zu rechtfertigen, daß er für das Recht der Hackinger Freiheit zu seiner Fabrik hinzuleiten mit der Gemeinde Hacking einen Pachtvertrag abgeschlossen und dafür jährlich 30 f ... bezahlt; und daß ferner der alte Mühlbachgraben seit zwei Jahren trocken gelegen ist, und daß die anstossende Zuckerraffinerie des Hr. v. Wertheimstein auf die Benützung dieses Wasser Verzicht geleistet und diesen Mühlbachgraben zugeschüttet und verbaut hat, wie dies aus einem Briefe des Hr. Emil Prinker als Bevollmächtigter des Hr. v. Wertheimstein hervorgeht, den er hiermit, in Abschrift produciert, Origl. sich in der D.R.O: Kanzlei befindet, und daß er endlich diesen Bau auf seinen eigenen Grund und Boden führt, und auch zur Leitung des Wassers über die Ober St. Veiter Gemeinde Hutweide von dieser ihre Zustimmung erhalten hat, da jedoch die Hr. Eigenthümer der Zuckerraffinerie, Feld- und Feistmühle gegen diese seine Bauführung Protest eingelegt haben, so habe er nachträglich um die behördliche Bewilligung nachgesucht.

Benjamin Spitzer m/p

In Bezug auf den von dem Eigenthümer der Zuckerraffinerie des Hr. v. Wertheimstein gegen obigen Wasserbau des Hr. Spitzer gibt Hr. Max Emil Prinker als Bevollmächtigter des ersteren folgende Äußerungen zu Protokoll ohne das Vorhandensein des oben angeführten Briefes und die Richtigkeit der Unterschrift in diesem Augenblicke bezweifeln zu wollen, da ich mich eines solchen nicht zu erinnern vermag, so bitte ich meine Stellung als gewesenen Procurant der k.k. pr. Chocoladefabrick der Franziska Kuttner von der meiner gegenwärtigen eines Bevollmächtigten des Edlen v. Wertheimstein und zugleich Firmaführer der demselben angehörigen Zuckerraffinerie zu Ober St. Veit Nr. 135 in dieser obbenannten Angelegenheit streng von einander geschieden zu halten.

Die Franziska Kuttner, welche in dem dem Hr. v. Wertheimstein gehörigen Fabriksgebäude ihr Chocoladefabricksbetriebe und der Menschenfreundlichkeit desselben, die ganz freie Benützung der ihr zum Betriebe derselben notwendigen Lokalitäten Jahre lang verdankte, sah sich größtenteils dadurch genöthigt ihr Geschäft in dieser Lokalität des Hr. v. WS aufzugeben, weil derselbe die ganze Last der Erhaltung des Baches, welcher das Gefüll bildete, zur Last fiel, indem sämtliche ober- und unterhalb dieser Lokalität befindlichen Nachbarn, wohl von dem Bache nach Möglichkeit profitierten, trotz aller dringenden Aufforderung jedoch zu den so bedeutenden Erhaltungs et Renovierungskosten bei statt gehabter Versandung an der Einmündung bei Hacking etc. auch gar nichts beisteuerten, hierdurch also genöthiget, den Betrieb aufzugeben; mußte sie natürlich durch den damaligen Procurant Max Emil Prinker die Anzeige ergehen lassen, daß sie für ihre Chocoladefabrik, das Wasser nicht weiter benützen, demnach nicht dafür zahlen.

Jetzt, erkläre ich als Bevollmächtigter des Hr. v. WS, daß obenerwähnte Eröffnung der St. Veiter Chocoladefabrick keinen Einfluß auf die Rechte welche dem Besitzthume desselben grundbücherlich, also gesetzlich angehören wie immer geartet diese auch sein mögen, üben könne.

Das ich als gegen solche und jede Benachtheiligung kräftigst protestiere, insbesondere aber gegen die beabsichtigte Anlegung eines Gefülles des Hr. Benjamin Spitzer, welches allein auf der Realität des Hr. v. WS haftet, und dass ich erkläre alles dies thun zu wollen, was zum ungeschmälerten Besitze dieses Rechtes für notwendig erachtet werden wird.

Max Emil Prinker als Bevollmächtigter

Die Besitzer der Feld- und Faistmühle Herr M. Menzel und Hr. Karl Moßbacher erinnern: Sie haben gegen den Wasserbau des Hr. Spitzer nichts einzuwenden, nur müssen sie dagegen protestieren, daß das von seinem Werke abfließende Wasser nicht wie es der Antrag hat, in die Wien, sondern längst dem Zuckerraffinerie Gebäude in den alten Mühlbache unterhalb der Zuckerraffinerie abgeleitet werde, da sie sich den Entgang dieses Wassere für ihre Werke durchaus nicht gefallen lassen und durch das Aufgeben der Benützung des Wassers von Seite der betreffenden Chocoladefabrick im Jahre 1848 sie in ihrem Wasserbenützungsrechte nicht beeinträchtiget werden wollen, sowie ihnen die bisherige Nichtbenützung dieses Wassers seit dem Jahre 1848 in ihren Rechten auf dasselbe durchaus nicht präjudizirlich sein könne in dem nach dem Gesetze von 1814 / Mühlordnung / keinem Wasserwerksbesitzer erlaubt ist ohne Zustimmung der übrigen Mitinteressenden, dem Laufe des des zum Betriebe der Werke nöthigen Wassers eine andere Richtung /vidi Einlagsbogen / niemals in Bezug auf die Gegenwärtige Führung dieser Wasserleitung sowohl als auch der künftigen Erhaltung derselben kein wie immer gearteten Kosten erwachsen.

Die Gemeinde verwahret sich auch gegen jeden Schaden der durch eine mangelhafte Bauführung oder schlechte Erhaltung dieses Wasserkanals an ihrem Hornviehe dessen Auftrieb auf die Weide über diesen Kanal führt, sich zugehen könnte welchen Schaden ihnen jedenfalls die Werkbesitzer zu ersetzen hätten. In technischer Beziehung erklärt der Herr Kreisingenieur von der Hand keinen Befund abgeben zu können, so lange nicht die Difficultäten zwischen den Werkbesitzern behoben sind, da bis dahin der von Herrn Spitzer begonnene Wasserbau nicht fortgeführt werden kann. Nur dürfte aus öffentlichen Rücksichten der Abfluß bei der Einmündung aus den Wienfluß bei Hacking mittelst Herstellung einer standhaltigen Einlaßschleiße vorgenommen werden, damit bei eintretenden Hochwässern nicht zu besorgen ist, daß die anstoßende Umgebung einer Überschwemmung ausgesetzt werde.

Da ferner durch den Aufschub der Beendigung des Spitzerschen Wasserwerkes seinem Fabriksgebäude ein Einsturz drohen könnte, so dürfte dem Herrn Benjamin Spitzer die Vollendung des unter der Radstube in seinem Hofraume bereits aufzuführen begonnenen Mauerwerks rücksichtlich von dem Auslaufkanal ganz zu vollenden gestattet werden, nachdem die Vollendung dieses Mauerwerkes den übrigen Mitinteressenten nicht den geringsten Nachtheil verursachen kann.

Auch wäre die Aushebung eines kleinen provisorischen Nothgrabens über die Gemeindeweide, zur Ablenkung des in dem Hofraume der Spitzerschen Fabrik sich sammelnden Regen und anderen Wassers in den Wienfluß nothwendig, welche Herr Spitzer auf seine Kosten herzustellen hat, und wozu die Gemeinde hiermit ihre Zustimmung gibt.

Schlüßlich bemerkt die Gemeinde, daß bei dem Anscheine der längeren Dauer dieses Wasserbaus und Herstellung des Zuleitungsgrabens, der auf ihrer Viehweide angehäufte Schutt noch vor dem Austriebe ihres Viehes zu Georgi hinweggeräumt werde, wozu sich Hr. Spitzer herbeiläßt.

Nachdem von keiner Seite mehr etwas zu erinnern war, wurde das Protokoll geschlossen & gefertigt.

Alle zeichnen m. p.

Einlagsbogen

Zu geben, umso weniger, als im gegenwertigen Falle unterhalb der Zuckerraffinerie der alte Mühlbachgraben noch besteht.

Die Gemeindevorstände von St. Veit und Hacking erinnern. Letztere haben bereits wie schon vorkömt, mit Hr. Spitzer in Bezug auf die Wasserleitung einen Kontrakt abgeschlossen und haben also gegen die Leitung durch ihre Weide gar nichts einzuwenden.

Die Gemeinde Ober St. Veit hat gleichfalls gegen die Wasserleitung über ihre Weide von Hacking bis zur Spitzscherschen Fabrik nichts einzuwenden auch gibt ... dazu ihre Zustimmung, daß von der Spitzerschen Fabrik ab entweder quer über die Hutweide in den Wienfluß oder längst dem Zuckerraffinerie Gebäude in den alten Mühlbach das Wasser abgeleitet werde.

Sie macht jedoch zur Bedingung, daß das abzuleitende Wasser an was immer für einer Stelle die Ableitung geschieht, diese durch einen mit Steinplatten zu decken gemauerten Kanal geschehe, sowie daß der Gemeinde ...

Quellen:
Gemeindeakten im Wiener Stadt- und Landesarchiv

übertragen von hojos
im Oktober 2016