Die Wälder in Hietzing

und 100 Jahre Lainzer Tiergarten
06.04.2019

Die Geschichte unseres Waldes

Hinsichtlich der urzeitlichen Bewaldung unserer Region, scheiden sich die Geister. Eine Simulation des Wien-Museums anlässlich einer Ausstellung zeigt eine lockere Bewaldung für das Wientalgebiet und darüber hinaus. In jüngeren Epochen wird der Hietzinger Raum als waldreiches Randgebiet des Wienerwaldes mit umfangreichen Auen am Wienfluss beschrieben. Zahlreiche Orte wurden nach diesen Augebieten benannt.

Die Bewaldung im fürstlichen Jagdgebiet des heutigen Lainzer Tiergartens hat sich bis heute erhalten. Außerhalb haben die Rodungen für die landwirtschaftlichen Siedlungen und zuletzt das Wachstum der Stadt Wien über die Vorstädte und Vororte hinweg den Baumbestand jedoch stark reduziert. Der Franziszeische Katasterplan zeigt für das damalige St. Veit an der Wien einen – sogar im Vergleich zu heute – sehr geringen Waldbestand. Der überwiegende Teil seiner Fläche war zu Äckern, Wiesen und Weingärten geworden. Auf den noch urtümlicheren Hügeln war eher Buschwerk vorherrschend. Einen größeren Laubwaldbestand gab es nur in der Nähe des heutigen St. Veiter Tors zum Lainzer Tiergarten.

Die Gemeinde St. Veit an der Wien im Franziszeischen Katasterplan 1819. Einen richtigen Waldbestand gab es nur südlich der an der Lainzer Tiergartenmauer gelegenen Riede Stockinweg. Die restlichen Flächen sind vorwiegend Äcker, Wiesen, Weingärten und Buschwerk. © Archiv 1133.at
<p><b>Die Gemeinde St. Veit an der Wien im Franziszeischen Katasterplan 1819</b></p><p>Einen richtigen Waldbestand gab es nur südlich der an der Lainzer Tiergartenmauer gelegenen Riede Stockinweg. Die restlichen Flächen sind vorwiegend Äcker, Wiesen, Weingärten und Buschwerk.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Ein Teil der damaligen landwirtschaftlichen Flächen ist nach dem Niedergang des Weinbaus und auch der Milchwirtschaft wieder verwaldet, doch das Meiste wurde verbaut. Die heutige Bewaldung erstreckt sich daher außerhalb des Tiergartens nur auf Ausläufer wie den Hörndlwald, den St. Veiter Wald und den Himmelhof sowie die bewaldeten Bereiche von Gemeindeberg, Girzenberg, Roter Berg und Küniglberg samt des an seiner Flanke liegenden Schönbrunner Parks. Die restlichen Waldesinseln wie der Napoleonwald haben Parkcharakter oder befinden sich auf dem Grund von Klöstern, Krankenhäusern und Wohnbauten. Nahezu gänzlich verschwunden sind hingegen die Auwälder entlang des Wienflusses und des Lainzer Baches. Auwälder gibt es heute im 13. Wiener Gemeindebezirk fast nur mehr im Lainzer Tiergarten. Dennoch beweist die Vogelperspektive die ungebrochene Eigenschaft Hietzings als grüner Bezirk.

Der Prominenz des Lainzer Tiergartens als Erholungsgebiet für Kaiser und später auch Volk verdanken wir schon recht frühe Beschreibungen des dortigen Waldbestandes. Ein Beispiel für diese Beschreibungen ist der Beitrag im „Kronprinzenwerk“ (die Abteilung Wien erschien 1886):

„Eine Fahrt durch den Tiergarten, beim Auhof hinein, gehört zu den schönsten Ausflügen. Zwischen den herrlichen Bäumen, uralten, eigens zur Zierde erhaltenen Eichen und hochstämmigen Buchen neben dem Tore dringen wir ein; dann geht es über die sogenannte Bischofswiese weiter, beim Johannserkogel, an dem reizenden Talkessel des Hüttengrabenstadels vorbei, auf steilem Berghange empor zum Jägerhause am Hirschg'stemm, von da durch herrliche Buchenforste, dann über Wiesen hinab, über einen  kleinen Quellbach am sogenannten Schlossergassel, einem hohen, mit Eichen bewachsenen Bergrücken vorbei, über die große Dorotheerwiese, weiter durch den Wald hinaus auf die größte aller Tiergartenwiesen, die Penzingerwiese. Ein Teich und einzelne kolossale Bäume schmücken diese in der Tat imposante, große Rasenfläche. Durch einen ganz ebenen Eichenwald gelangen wir nun wieder zur Mauer und zum Lainzer Tor.“

Es waren also Buchen- und Eichenbestände mit besonderem Hinweis auf – über 300 Jahre alte – Baumriesen. Buchenwälder, insbesondere hohe Rotbuchenwälder, früher gemeinsam mit der im 18. Jahrhundert forciert geschlägerten Tanne, sind durchaus natürliche Vegetationsformen im Wienerwald, nicht jedoch die erwähnten Eichenwälder. Ihre ausgedehnten Bestände sind die Folge menschlicher Eingriffe: Ihre Eicheln sind eine billige Nahrung für das Rot- und Schwarzwild und ihr Wachstum wurde daher in Jagdgebieten intensiv gefördert. Wegen ihres langsamen Wachstums und ihrer geringen Dauerhaftigkeit unter dem dichten Schatten des Hochwaldes, insbesondere des Buchenwaldes, hätten sie aus eigener Kraft niemals diese Verbreitung erreicht.

Ein ähnliches Bild zeichnen jüngere Beschreibungen des Waldbestandes aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die meist auf einen Mischbestand aus verschiedenen Eichen und aus Hainbuchen hinauslaufen. Auf den trockeneren Bergkuppen oberhalb der feuchten Ebene überwiegt die Rotbuche. Eingestreut sind je nach klimatischer Bedingung auch andere Laubbäume und Nadelhölzer, genannt werden oft Edeltannen, Fichten, Rotföhren, Schwarzföhren, Eiben und sogar Lärchen. Darüber hinaus werden eine ganze Reihe nicht bodenständiger Bäume genannt, von der Douglasfichte über die Kastanien, den Mammutbaum bis hin zur Zeder. Auch ihr Bestand ist die Folge menschlicher Eingriffe in den letzten Jahrhunderten.

Ein besonderes Beispiel für diese menschlichen Eingriffe ist der Park um die Hermesvilla, der aus fremden Nadelhölzern zusammengesetzt wurde, um der Kaiserin einen „Korfu-Ersatz“ zu bieten.

Historische Waldbestandskarte des Lainzer Tiergartens. Die Florengrenze trennt die baltische in der Mitte von den pannonischen Vegetetationsstufen © R. Amon 1927
<p><b>Historische Waldbestandskarte des Lainzer Tiergartens</b></p><p>Die Florengrenze trennt die baltische in der Mitte von den pannonischen Vegetetationsstufen</p><p><i>&copy; R. Amon 1927</i></p>

Grundsätzlich war dieser Waldbestand auch für den Hietzinger Teil außerhalb des Tiergartens typisch und ist es hinsichtlich der Eichenbestände zum Teil auch noch heute, aber die Veränderungen aus menschlicher Hand sind in dieser „Kampfzone“ zwischen Land und Stadt natürlich gravierender.

Die Besitzer des Waldes

Die frühe, ins Mittelalter zurückreichende Besitzgeschichte der heutigen Wälder Hietzings ist wegen des komplexen Gefüges damaliger Grundherrschaften für diese Darstellung zu umfangreich. Als Grundherren zu nennen wären u. a. das Kloster Formbach, die Herren von Top(p)el, der Johanniterorden, der Malteserorden, die Herrschaften Mauer, Erlaa, Hacking, Inzersdorf, Kalchspurg, Schotten, Vösendorf, die Pfarrherrschaft Hütteldorf und mit minimalem Anteil eine Handvoll Weinhauer aus St. Veit (ganz abgesehen vom noch komplexeren Untereigentum). Die beiden wesentlichen Kristallisierungspunkte waren aber das von Rudolf IV. beschenkte Bistum Wien als Grundherr der Gemeinde St. Veit an der Wien und das k.k. Obersthof-Landjägermeisteramt- und Niederösterreichische Waldamt als Verwaltungsorgan der Habsburger. Letztere besaßen auch das Jagdrecht und brachten sukzessive den größten Teil der späteren Katastralgemeinde Auhof mit dem k.k. Tiergarten unter ihre Kontrolle. Ein Beispiel dieses Eigentumswechsels war der Ver- und Rückkauf der Herrschaft St. Veit von Kardinal Graf Migazzi an/von Maria Theresia. Der große Waldbesitz des Bistums wanderte im Zuge dieser Transaktionen dauerhaft zum kaiserlichen Waldamt Purkersdorf.

In den Besitz der Gemeinde Wien bzw. des neu geschaffenen 13. Wiener Gemeindebezirkes Hietzing wanderten die Wälder außerhalb des Tiergartens in den Jahren 1890/92. Dies geschah im Zuge der Eingemeindung der – von den Grundherrschaften bereits befreiten und selbstständigen – Vororte, vor allem der Ortsgemeinde St. Veit an der Wien. Der Tiergarten wurde 1938 mit der Schaffung von Groß Wien Teil des damaligen 25. Gemeindebezirkes Liesing und im Rahmen der Gebietsänderungen nach dem Krieg ein Teil Hietzings.

Die menschliche Bedrohung und der Naturschutz

Wenn man von Wien als „Stadt der Ringe“ spricht, und dabei in erster Linie die Ringstraße und den Gürtel meint, so ist trotz massiver Bebauung auch ein grüner Gürtel gemeint, nämlich der die Stadt umfassende Wald- und Wiesengürtel. Er ist eine der Manifestationen eines mittlerweile fast 150 Jahre alten Schutzgedankens, der 1870 mit Joseph Schöffels publizistischem Kampf gegen die Abholzung des Wienerwaldes begann und 1872 mit der Aufhebung aller den Wienerwald gefährdenden Gesetze, Verordnungen und Verträge einen ersten Erfolg erzielte. Gepflegt und geschützt wurde der Wald natürlich schon früher, aber aus wirtschaftlichen und jagdlichen Gründen.

Die im Sog der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts maßlos und fast ungeordnet wachsende Stadt machte zum Erhalt wenigstens der Grüngebiete am Stadtrand auch eine ordnende Hand in Rahmen eines städtebauliches Leitbildes notwendig. Aus ersten Ansätzen entwickelte sich der 1905 beschlossene Wald- und Wiesengürtel als erste Naturschutzmaßnahme. In den etwas über 300 m breiten Streifen längs der Tiergartenmauer vom Himmelhof bis zum Versorgungsheim und der großen Anlage auf dem Girzen- und Roten Berg wurden durch rechtmäßige und unrechtmäßige Schlägerungen in der Zeit des Ersten Weltkrieges und der Zwischenkriegszeit für Siedlungen und Kleingartengebiete große Lücken in den Baumbestand gerissen. Weitere Naturschutzgesetze sollten das stoppen, doch die Not dieser Zeit und dann auch des Zweiten Weltkrieges bewirkte das Gegenteil. Bis in die 1950er-Jahre war sogar der Lainzer Tiergarten in seinem Bestand gefährdet.

Erst ab 1954 floss wieder der Schutzgedanke in die Stadtplanung und Gesetzgebung ein, der ab den 1970er-Jahren und vor allem den 1980er-Jahren (z.B. mit der „Grünlanddeklaration“) intensiviert wurde und versuchte, dem Druck gegen die bauliche Inanspruchname des Wald- und Wiesengürtel entgegenzuwirken. Aber auch das wurde z.B. durch erweiterte Verbauungsmöglichkeiten im Rahmen von Kleingartengesetzen konterkariert. 1995 beschloss der Wiener Gemeinderat, den bestehenden „Grüngürtel Wien“ durch ein Bündel von Maßnahmen (Gesetze, Widmungen, Ausgestaltung und Ankauf) zu sichern.

Heute gibt es ein teilweise auch auf Vorgaben der EU beruhendes umfangreiches Instrumentarium an Schutzinstrumenten wie Nationalparks, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Geschützte Landschaftsteile, Ökologische Entwicklungsflächen, Geschützte Biotope etc. und im Wienerwald den Biosphärenpark Wienerwald. Es wäre zu umfangreich, hier auf Entstehung, Gebiet und Inhalt all dieser Schutzmechanismen einzugehen. Der nahezu unaufhaltsame Bebauungsdruck findet immer wieder Wege, sie auszuhebeln, doch im Großen und Ganzen hat sich die Waldfläche in Hietzing stabilisiert. Teilweise hat sie sich sogar erweitert, weil ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen, die nicht zum Bauland wurden, zur Verwaldung tendierten.

Um aber einen wirklich sorgsamen Umgang des Menschen mit dem Wald zu gewährleisten, ist über die rechtlichen Schutzinstrumente hinaus auch ein breites Bewusstsein über den Wert des Waldes für Klima, Erholung und als Lebensraum für unzählige Pflanzen, Pilze und Tiere erforderlich.

Naturschutz in Hietzing. Auszug aus der Wien-Karte © Stadt Wien, ViennaGIS
<p><b>Naturschutz in Hietzing</b></p><p>Auszug aus der Wien-Karte</p><p><i>&copy; Stadt Wien, ViennaGIS</i></p>

Die natürliche Bedrohung

Einzelne Bäume schädigende Pflanzen oder Insekten gab es schon immer. Doch seit etwa 1980 leidet der Wald an großflächigen Schäden, die überwiegend ältere Bestände und Einzelbäume bestimmter Holzarten befallen. Die Ursachen sind nicht in allen Erscheinungsformen eruierbar, doch die vom Menschen herrührenden Schadstoffe, die intensive Nutzung der Natur und die Veränderung des Klimas spielen zweifelsohne eine wesentliche Rolle. Das ursprünglich befürchtete weitreichende Waldsterben hat nicht stattgefunden, eine Veränderung des Baumbestandes aber sehr wohl.

Die jüngste Bedrohung des Waldes durch das Sterben der Eschen (Eschentriebsterben) wurde als eine Folge der Globalisierung identifiziert, denn sie wird von einer aus Südostasien eingeschleppten Pilzerkrankung verursacht. Als Frächter solcher gebietsfremder und unser Ökosystem gefährdender Organismen gilt der zunehmende internationale Holzhandel, der auch ganze, noch berindete Stämme ins Land bringt.

Die Hietzinger Wälder sind dank der überwiegenden Mischwälder nur punktuell betroffen, in bestimmten Belangen aber sehr wohl: Einerseits ist es unmöglich geworden, die langen Kastanienalleen, die es vor allem im Lainzer Tiergarten gibt, wegen der Schädigungen durch die Kastanienminiermotte zu verjüngen; jetzt werden an ihrer Stelle nur mehr Linden gesetzt. Andererseits macht das Eschentriebsterben einen überraschend hohen Anteil dieses Baumes selbst in den Eichenwäldern deutlich.

Eschenschlägerung im Wald um die Hermesvilla. Die Pilzererkrankung macht sie notwendig. Foto vom 13. April 2019 © Archiv 1133.at
<p><b>Eschenschlägerung im Wald um die Hermesvilla</b></p><p>Die Pilzererkrankung macht sie notwendig. Foto vom 13. April 2019</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Die Pflege und Bewirtschaftung durch die MA 49

Mit der Verwaltung des überwiegenden Teiles der Hietzinger Wälder ist die Magistratsabteilung 49 betraut. Seit 2017 führt sie den Sachtitel „Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien“ (davor hatte sie immer wieder das vertraute „Forstamt“ im Titel). Der zuständige Arbeitsbereich innerhalb der MA 49 ist die Forstverwaltung Wienerwald unter der Leitung von DI Hannes Lutterschmied. Sie betreut alle Gemeindewälder vom Leopoldsberg bis nach Kaltenleutgeben, mit wenigen Ausnahmen: Die Wälder auf den Ober St. Veiter Klippenbergen Trazerberg, Girzenberg und Roter Berg sowie auf dem Küniglberg fallen in die Zuständigkeit der MA 42 Stadtgartenamt, der Schönbrunner Schlosspark wird von den Bundesgärten betreut.

Die in den Zuständigkeitsbereich der Forstverwaltung Wienerwald fallenden Wälder von insgesamt rd. 5.100 Hektar sind auf vier Reviere mit jeweils einem Förster aufgeteilt. Von der Reinigungskraft bis zum Facharbeiter werden rd. 80 Menschen beschäftigt. Die mitbetreuten rund 200 baulichen Objekte, von der Weidmankapelle über die Nikolaikapelle bis zur Hermesvilla und der Mauer um den Lainzer Tiergarten machen es notwendig, dass auch Professionisten wie Maurer und Tischler beschäftigt werden.

Oberstes Ziel ist der Schutz der Natur in ihrer Erholungs- und Wohlfahrtswirkung. Doch sind die Hietzinger Wälder trotz der vielfachen Schutzbestimmungen keineswegs ein Naturreservat, sondern Gegenstand eines Forstbetriebes. Dieser Forstbetrieb muss natürlich auch wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechen, ohne aber die Primärziele zu konterkarieren und die langfristigen Ziele kurzfristigen Interessen preiszugeben. Außerhalb des forstwirtschaftlichen Rahmens steht der seiner natürlichen Entwicklung überlassene Johannserkogel.

Der Wohlfahrtsauftrag und die Bewirtschaftung des Erholungsraumes mit seinen Wegen, den Spielplätzen, der Möblierung und der Abfalllogistik setzt der Wirtschaftlichkeit natürliche Grenzen. Die Forstverwaltung kann ihre Gesamtkosten daher nur teilweise aus eigenen Einnahmen decken. Haupteinnahmequellen sind der Holzverkauf und der Verkauf von Wildbret und div. Pachteinnahmen. Einnahmen aus der Jagd in Form von Abschussvergaben an Jagdgäste sind im Auslaufen. Die Jagd der Zukunft soll die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichtes zum Ziel haben und nur durch das eigene Personal (Förster und Forstaufseher) getan werden. Auch die jährlich notwendige Reduktion der Wildschweinpopulation soll möglichst schonend in einer Pirsch- oder Ansitzjagd geschehen. Die Ansitzdrückjagden sind heute nur mehr in geringem Umfang notwendig. Eine Erleichterung brachte die ab 2016 erfolgte generelle Reduzierung des Schwarzwildbestandes. Früher wurde den ganzen Winter gefüttert, jetzt soll nur mehr in Notzeiten gefüttert werden.

Zum ausgeübten Naturschutz gehört angesichts der menschlichen Eingriffe der vergangenen Jahrhunderte auch eine gewisse „Renaturierung“ des Waldes. Die fehlende natürliche Waldstruktur homogener Waldbestände wie zum Beispiel der Eichenwälder macht sie besonders anfällig gegenüber den heutigen Bedrohungen. Eine natürliche Waldstruktur zeichnet sich durch Artenvielfalt, Strukturvielfalt (Jung neben Alt und Totholz) und einer genetischen Vielfalt aus.

Von Passanten oft kritisiert wird die Brutalität, mit der Baumschnitte durchgeführt werden, und die intensive Schlägerung am Wegrand. Der rigorose Schnitt am Wegesrand wird mit den heutzutage drohenden strafrechtlichen Konsequenzen und den Schadenersatzforderungen begründet. Eine vor rd. drei Jahren gestartete Initiative will die erheblichen Unsicherheiten im Straf- und Haftungsrecht bekämpfen, um das vorsorgliche Fällen und Zurückschneiden von Bäumen einzudämmen. Präventive Eingriffe stehen den vielfältigen Interessen an vitalen und natürlichen Baumbeständen entgegen.

Die Brutalität in der Waldarbeit ist eine Folge des Trends zu schweren Maschinen, der aus Kostengründen kaum vermieden werden kann. Eine Rolle spielt aber auch die weit verbreitete Grundhaltung, den Wald nur als Holzlieferant und nicht als kompliziertes und wertvolles Gesamtökosystem zu sehen. Die Forstverwaltung Wienerwald ist sich dieser Unzulänglichkeit bewusst und versucht gegenzusteuern, vorerst freilich mit Kompromissen. Zu den Verbesserungsmaßnahmen zählen die seit zwei Jahren versuchte Pferderückung (aus topografischen Gründen und wegen des Holzgewichtes ist sie nur beschränkt möglich, derzeit sollen rd. 10 % der Baumstämme per Pferd geborgen werden) und der Einsatz von Seilkränen im steilen Gebiet. Jedenfalls soll das flächige Befahren aufhören und die Holzbergung nur mehr aus Rückegassen in Abstand von 40 Metern erfolgen. Bei einer Kombination aus Pferd und Seilwinden könnten Rückegassen in einem Abstand von 80 Metern reichen. Das wird 2020 versucht werden.

Manchmal ist auch der Vorwurf zu hören, dass der Wald einer schieren Profitmaximierung geopfert wird, die auch vor gesunden Bäumen nicht halt macht. Letzteres stimmt, denn natürlich werden auch gesunde Bäume verkauft, das ist nun mal eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende Forstwirtschaft. Dem Vorwurf der reinen Profitorientierung wird aber entschieden entgegengetreten, denn die Schlägerungen folgen einem forstwirtschaftlichen, über den gesamten Zuständigkeitsbereich gezogenen Plan, der die Renaturierung des Waldes und den Erhalt des Erholungsraumes zum Primärziel hat.

Zugegebenermaßen steht jede organisatorische Einheit heutzutage unter einem erheblichen Kostendruck; dem will man hier allerdings nicht mit kurzfristigem Schöpfen aus den Reserven begegnen, sondern mit bestmöglichen internen Strukturmaßnahmen, insbesondere im Personalbereich. Dass aber auch das zu unliebsamen Ergebnissen führen kann, mag die Installation der pannenreichen Drehkreuze an einem Teil der Eingangstore zum Lainzer Tiergarten beweisen. Darüber hinaus ist es ein erheblicher Qualitätsverlust für den Besucher, wenn ihn niemand mehr an den Toren in Augenschein nimmt und begrüßt oder ihm für Fragen zur Verfügung steht.

Der Sonderfall Hörndlwald

Der Hörndlwald ist im Vergleich zu den anderen Wäldern Hietzings in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall:

  • Die 1934 gebaute neue Mauer trennte ihn vom Lainzer Tiergarten.
  • Er ist eine weit in die Stadt reichende Grünzunge.
  • Er wurde mit Bescheid vom 29. November 1973 sogar zum Naturdenkmal erklärt.
  • Es bemühen sich auch ein Verein (Verein zum Schutz des Hörndlwaldes) und eine Bürgerinitiative (Bürgerinitiative „Rettet den Hörndlwald“) um den Schutz dieses Waldes.
  • Trotz seiner biologischen Wichtigkeit besteht in seinem Wurzelbereich eine Bauwidmung (ehemaliges Josef-Afritsch-Heim).

Vor allem der Umstand, dass der Hörndlwald mit Ausnahme des „Urwaldes“ am Johannser Kogel das einzige unter Denkmalschutz stehende Waldgebiet Hietzings ist, hat auch Auswirkungen auf die forstwirtschaftliche Betreuung. Einer der ausschlaggebenden Faktoren für diesen Denkmalschutz ist sein in Wien selten gewordener durchgehender Eichenbestand. Doch damit ist er eigentlich kein Naturdenkmal, sondern ein forstwirtschaftliches Denkmal, denn derartige Eichenwälder können nach den Erkenntnissen zum Beispiel der Pro Silva Austria in unseren Breiten nicht natürlich vorkommen, sondern nur das Ergebnis menschlicher Eingriffe sein. Derart homogene Eichenwälder sind das Ergebnis eines „Schirmschlages“: Eichen neigen in einem Zeitabstand von 3 bis 7 Jahren zu einem gemeinsamen „Mastjahr“, in dem sie besonders viele und auch größere Früchte produzieren. Es sollen mehr Eicheln reifen, als die Fressfeinde verwerten können, und ausreichend Saatgut für eine neue Baumgeneration überbleiben. In einem solchen Jahr wird das Kronendach des Waldes aufgelichtet, damit mehr Licht den Boden erreicht und sich die Jungeichen aus den Samen entwickeln können. Sind die jungen Bäume kniehoch, werden die alten Bäume entfernt. Dieser Vorgang kombiniert mit weiteren Förderungsmaßnahmen führt zu einem derart homogenen Eichenbestand. Zuletzt wurde der Schirmschlag vor ca. 25 Jahren in einem Teil des Hörndlwaldes durchgeführt.

Ein Eichelteppich als Ergebnis des Mastjahres 2018. Fotografiert im St. Veiter Wald am 13. April 2019 © Archiv 1133.at
<p><b>Ein Eichelteppich als Ergebnis des Mastjahres 2018</b></p><p>Fotografiert im St. Veiter Wald am 13. April 2019</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Aus dem Konflikt Erhaltung des Denkmalgeschützten Eichenwaldes versus biologisch angeratene Renaturierung ergibt sich nun zwangsläufig ein Problem für die moderne Forstwirtschaft.

Das Problem veranschaulicht ein Lokalaugenschein: In der oberen Hälfte sind die alten Eichen großteils in einem schlechten Zustand und die Auslichtung war dringend geboten. Hier ist auch in großen Flächen ein Hochkommen des jungen Eichenwaldes zu beobachten. Im unteren Bereich ist der Eichenbestand noch gesünder und auch weniger ausgelichtet. Trotzdem kommt kräftiger Jungwald hoch, allerdings als Mischwald ohne nennenswerten Eichenanteil. Ein gleiches Bild zeigen alle anderen Eichenwälder in Hietzing, innerhalb und außerhalb des Tiergartens, wie zum Beispiel der St. Veiter Wald. Wahrscheinliches Szenario eines zukünftigen Waldes ohne Schutzmaßnahmen für die Eichen sind daher einzelne Eichenriesen, die den hochgekommenen Mischwald noch etwas überragen. Reine Eichenwälder und Eichenmischwälder wird es nicht mehr geben (mit Ausnahme des entsprechend bewirtschafteten oberen Hörndlwaldes).

Verjüngungsfläche im Hörndwald. Blick von der Wegkreuzung hinauf richtung Sportplatz © Archiv 1133.at
<p><b>Verjüngungsfläche im Hörndwald</b></p><p>Blick von der Wegkreuzung hinauf richtung Sportplatz</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Das ist natürlich schade, denn die Eiche ist ein sehr wertvoller Baum, der auch von der ländlichen Bevölkerung geschätzt und gefördert wurde. Über das jagdliche Nutzwild hinaus haben ihre Früchte z. B. die bäuerliche Schweinemast unterstützt, und ihr dauerhaftes Holz wurde für Bauzwecke und andere höherwertige Verwendungen gesucht. Deshalb wurde die Eiche auch außerhalb des Lainzer Tiergartens gefördert und gibt es die dort bestehenden Eichenwälder. Übrigens: Die Eiche bietet auch das wertvollste Totholz. Eine tote Eiche hat mit rd. 1000 die meisten Bewohner, die Rotbuche nur rd. 200.

Der Wald als Erholungsraum

Es war am 14. April 1919, als der Lainzer Tiergarten erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet wurde, also vor genau 100 Jahren. Das wird von der MA 49 eingehend gewürdigt. Ab 13. April 2019 ist im Infozenrum beim Laizer Tor die Ausstellung „100 Jahre Lainzer Tiergarten“ zu sehen. Gezeigt wird die Entwicklung des Lainzer Tiergartens vom privaten Jagdgebiet der Habsburger zum einzigartigen Naturschutz- und Erholungsgebiet, das er heute ist. Während des Frühlingsfestes am 27. April 2019 wurde das Buch „Der Lainzer Tiergarten einst und jetzt“ von Hermann Prossinagg vorgestellt. Es beschreibt sowohl die wechselvolle Geschichte des Tiergartens bis Ende der 1990er-Jahre als auch seine darauffolgende Neuorientierung hin zu einem modernen Naturschutz-, Europaschutz- und Erholungsgebiet mit attraktiven Umweltbildungsangeboten. Das Buch ist um 25 Euro bei der MA 49 oder beim Portier im Infozentrum beim Lainzer Tor erhältlich.

Die unbestrittene Erholungswirkung haben der Tiergarten und die vielen Grüninseln in anderen Teilen Hietzings aber vor allem wegen ihrer Wälder, die mit ihrer Ruhe und ihren klimatischen Vorzügen ein besonders angenehmes Ambiente bieten. Dementsprechend intensiv werden sie auch genutzt. Während die zahlreichen Parks und die Wälder im Siedlungsgebiet Hietzings eher von der hier ansässigen Bevölkerung genutzt werden, wird das Naherholgungsgebiet Lainzer Tiergarten von allen Wienern, aber auch von vielen Touristen besucht. Manche kommen sogar von weit her, etwa um den Japan-Gedenkstein auf der Baderwiese zu sehen.

Der Wald als Refugium für Tiere und Pflanzen

Es liegt auf der Hand, dass vor allem der besonders geschützte Lainzer Tiergarten mit seinen Wäldern und Wiesen einen unersetzlichen Lebensraum für Tiere und Pflanzen bietet. Solche ursprünglichen Naturräume sind in Europa zur Seltenheit geworden und daher Gegenstand umfangreicher Bestimmungen, die den Erhalt der Artenvielfalt anstreben. Hervorzuheben sind die europäischen Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinien. Sie werden in den Mitgliedstaaten auf Landesebene umgesetzt, in Wien geschah dies durch die Wiener Naturschutzverordnung auf Basis des Wiener Naturschutzgesetzes.

Im Sinne der oben genannten Richtlinien schützt die Verordnung Arten, die sonst nicht mehr anzutreffen sind, oder immer rarer werden und ordnet sie nach ihrem Gefährdungsgrad in „geschützte“, „streng geschützte“ oder „prioritär bedeutende“ Arten. Zu den streng geschützten Arten zählen zum Beispiel alle Fledermäuse, ein Großteil der Vögel, die Schlingnatter, Fische oder der Hirschkäfer. Geschützt werden auch Biotope, die abgegrenzten biologischen Einheiten wie Trockenrasen, Feuchtwiesen oder Teiche enthalten.

Von den Mitgliedsstaaten waren auch Gebiete zu nennen, die Teil des europäischen Natura 2000 Netzwerkes sein können und für die Erhaltung dieser Arten und Biotope am geeignetsten erscheinen. Zu den fünf von Wien gemeldeten Gebieten gehört natürlich auch der Lainzer Tiergarten.

Quellen:
Interview mit DI Hannes Lutterschmied, Beiträge von Rudolf Amon, u. a. im Monatsblatt des Vereines für Landeskunde und Heimatschutz von Niederösterreich und Wien 1927, Diplomarbeit von Mag. Sylvia Mattersberger aus dem Jahr 1991 (Analyse des Naturdenkmals Hörndlwald, Internetpräsenz der MA 49, Beiträge auf dieser Plattform 1133.at

hojos,
im April 2019