Über Maschinenwärter und Wasserverkäufer zu Schönbrunn

1838

Herr Johann Brennig ist – sozusagen – Ober St. Veiter „Urgestein“. Über ihn gäbe es viel zu berichten. Aber auch seine Vorfahren haben Spuren in der Geschichte hinterlassen, auch wenn es die kaum sichtbaren des „kleinen Mannes“ sind.

Eine der Spuren ist eng mit Maschinen verbunden, mit denen man „in die Höhe gezogen“ werden konnte. Eine dieser Maschinen gab es ab 1774 im Schloss Schönbrunn (sie war allerdings nicht die erste, denn schon sie ersetzte eine alte aufzugs-ähnliche Maschine). Diese Zugmaschine in den 3. Stock wurde prominenten Gästen als Sensation vorgeführt. Ab 1776 gab es einen zweiten Aufzug in der Gloriette. Der erste Wärter des Aufzuges im Schloss wurde der Tischlergeselle Thomas Ebner, der erste Maschinenwärter auf der Gloriette wurde ein Herr Gottfried Brennich, ebenfalls Tischlergeselle und Urururgroßonkel des oben erwähnten Johann Brennigs.

Gottfried erhielt folgendes Dekret: „Es hätten Ihro k. k. Ap. Majestät auf dessen allerunterthänigstes Bitten, und in Ansehen daß er bey dem Berg Bebäu und Maschin zu Schönbrunn durch 8 Monat sich sehr wohl gebrauchen lassen, nunmehro ihn Supplicanten Brennich zur Besorgung gedachter Maschin mit monatlich zwölf Gulden Gehalt anzustellen allergnädigst zu entschließen geruhet.“

Dieses Gehalt von 144 Gulden im Jahr war am unteren Ende der Gehaltsskala der Schlossbediensteten und damit sehr gering. Es blieb trotz Bitten um Erhöhung bis ins Jahr 1800 gleich. In diesem Jahr starb Thomas Ebner und Gottfried erhielt auch die Leitung des Aufzuges im Schloss. Dafür wurden ihm 50% des Ebnerschen Gehaltes von ebenfalls 144 Gulden zugesprochen, die anderen 72 Gulden wurden auf ihm zur Seite gestellte Gehilfen aufgeteilt. Teuerungsbedingte Zulagen gab es erst in den Kriegsjahren nach 1800.

1814 stirbt Gottfried und dessen Sohn Franz übernimmt die Stellung als Maschinenwärter. Die Bezahlung ist die gleiche und damit auch dessen Lebensbedingungen kümmerlich. Es ist davon auszugehen, dass zum Lebensunterhalt auch Nebeneinkünfte als Uhrmacher beizutragen hatten. 1838 war die Zahl seiner Kinder auf 9 gewachsen und die finanzielle Notlage erforderte über diverse Bitten um finanzielle Aushilfen hinaus weitere Ideen. Die Sonderlichste war wohl der Versuch, das Wasser aus dem sogenannten Kaiserbrunnen im Schloßgarten zu Schönbrunn zu schöpfen und an Privatpersonen zu verkaufen. Er richtete ein diesbezügliches Gesuch direkt an das Obersthofmeisteramt. Dieses fordert einen Bericht vom Hofbauamt an. Das Hofbauamt seinerseits setzt sich mit dem Hofkontrolloramt, der Hofgartendirektion und dem Schönbrunnerbauplatz ins Einvernehmen. Es folgt ein Konvolut an Protokollen, Stellungnahmen und Zusammenfassungen.

Eine der Stellungnahmen lautet:

„Bekanntlich ist der Bedarf des Schönbrunner Wassers für den Allerhöchsten Hof sehr groß und bedeutend, indem damit nicht nur die Allerhöchsten Herrschaftstafeln, dann alle Herrschaftskammern, die ausgezeichneten Personen des Hofstaates, alle Ämter und Kanzleyen, sondern auch die meisten Botschaften der fremden Höfe versehen werden müssen, da zwar daß bey besonderen Anlässen, als Hof- und Kammerbälle, wo der Wasserbedarf noch größer ist, oft zweymal des Tages das Wasser von Schönbrunn abgeholt werden muß.

Ob nun nicht dadurch, wenn die hierortigen Wasserfüller mit den fremden Wassernehmern zusammentreffen, nicht Sreitigkeiten, oder andere die Ausübung des a. h. Dienstes störende Unordnungen entstehen können, muß eine bis jetzt noch unentschiedene Frage bleiben, und man muß auch noch beyfügen, daß für den Fall, als nach dem Beyspiele einiger vorhergegangenen Jahre ein Wassermangel eintreten sollte, durch das Zusammentreffen zweyer einen so bedeutenden Wasservorrath benöthigten Abnehmer nicht eine Stockung eintreten könnte.

Abgesehen davon, daß ein großer Theil des Schönbrunner Wassers, der Neuheit wegen, und seiner besonderen Eigenschaften halber, consumiert werden wird, muß man schlüßlich noch bemerken, ob nicht dadurch die Würde des Allerhöchsten Hofes angetastet werde, wenn das Wasser aus dem Garten Seiner Majestät des Kaisers zum Verkaufe angebothen wird, weil ungeachtet der öffentlichen Kundmachung von seiten des Unternehmers manchem aus dem Publicum, die Muthmassung sich aufdrängen könnte, daß der Allerhöchste Hof durch eine Mittelsperson das Schönbrunner Wasser zum Verkaufe anbiethet.“

Die Bitte wurde also ernst genommen und sorgfältig überlegt. Ein möglicherweise eintretender Mangel an Wasser wird durch eine andere Stellungnahme entkräftet weil er „konnte von dem Umstande nicht stattfinden, weil selbes nicht in der Brunnstube selbst genommen wird, wo es möglich werden könnte, mehr Wasser nehmen zu wollen, als die Quelle gibt, sondern dieses Wasser läuft durch Röhren aus der Brunnenstube Tag und Nacht immerwährend fort und hat seinen Auslauf, bei den sogenannten Riesenbrunnen und dort wird selbes in Flaschen gefüllt, dahero niemals mehr als die Quantität welche die Quelle gibt entnommen werden kann, und selbst bei den bisherigen trockenen Jahren ist dieses Wasser mit hinlänglicher Ergiebigkeit sich stets gleich geblieben“.

Letztendlich wird das Gesuch Franz Brennigs vom Obersthofmeisteramt abgelehnt. Die Gründe für die Ablehnung, die Franz Brennig natürlich allesamt durch strikte Vorkehrungen zu zerstreuen suchte, waren vor allem:

Die Angst um die Würde des Allerhöchsten Hofes
Das Franz Brennig statt einer Einkommensvermehrung wegen der notwendigen Investitionen in Schulden verfällt
Dass Spaziergänger am Garteneingang oder beim Brünnel beirrt und die Wege verunreinigt werden könnten
Die Abfüll- und Verführungsmanipulation gegen das allerhöchste Dekorum verstoßen und
Eine Weitergabe der gestatteten Erlaubnis zu „inconvenienzyen” führen könnte.

Quellen:
Aus der Brennig‘schen Familienchronik

hojos
im Mai 2005