Es ist chic geworden, das Wahlvolk zu beschimpfen. Christian Rainer (die Demokratie gegen Kärnten) bis Robert Menasse (Demokratie von Idioten) seien als Belege angeführt. Grundsätzlich ist die Idee eines idiotischen Wahlvolkes weder neu noch besonders geistreich, auch wenn es auf den ersten Blick tatsächlich unglaublich dumm erscheinen mag, dass nicht nur in Kärnten, sondern auch auf Bundesebene, nach all der Korruption und Unfähigkeit noch immer ein großer Teil der Wahlberechtigten den etablierten Parteien die Treue hält.

Sehr geehrte Volkskritiker, wen dürfen wir stattdessen wählen? Wenden wir uns mit der Gewissheit einer noch größeren Enttäuschung zur FPÖ und deren Splitterparteien, werden wir postwendend als Faschisten und Rassisten denunziert. Bleiben in unserem Lande nur noch die Grünen und die KPÖ als unverfänglichere Alternativen. Doch viele schaffen es nicht, die radikalliberalen Linken mit dem gründen Lendenschurz oder gar die notorisch erfolgosen Linksdogmatiker anzukreuzen.

Aber jetzt kommt Stronach als Retter in der Not. Ihm kann man seine Proteststimme geben, ohne in den Verdacht irgendeiner verwerflichen Grundhaltung zu geraten. Das ist tatsächlich ein Moment von nationaler oder sogar internationaler Bedeutung. Natürlich fällt es schwer, das sich abzeichnende skurrile Parteiprogramm zu übersehen; doch was soll’s, ob die EU wegen politischer Unfähigkeit fällt oder bewusst zurückgedrängt wird, ob man die wichtigen ökologischen Erfordernisse ignoriert oder sie sabotiert, das macht wenig unterschied. Bleibt nur die Furcht, wegen dieses Wahlverhaltens den Analphabeten zugeordnet zu werden; aber was soll’s, als dumm gelten wir Wähler sowieso, siehe Zeile eins …