Richard Tauber

Eine Hommage zum 70. Todestag des Sängers
27.11.2017

Richard Tauber war einer der bedeutendsten österreichischen Tenöre und Mozartinterpreten seiner Zeit. Der Komponist Franz Lehar fand in ihm den besten Interpreten seiner Operetten. Richard Tauber wohnte ab 1933 einige Zeit in der Wenzgasse 12 in Hietzing.

Richard Tauber, eigentl. Richard Denemy, (geb.16. Mai 1891 in Linz; gest. 8. Jänner 1948 in London) wurde als unehelicher Sohn der Soubrette Elisabeth Denemy und des konvertierten jüdischen Schauspielers Anton Richard Tauber geboren. Tauber studierte von 1908–1911 Klavier, Komposition und Dirigieren in Frankfurt am Main. Zwischen 1911 und 1913 war er Gesangsschüler beim Musikpädagogen Carl Beines in Freiburg im Breisgau. Er war ein versierter Pianist und später auch als Komponist und Dirigent erfolgreich.

Nach seinem Debüt 1913 in Chemnitz als Tamino in W. A. Mozarts „Die Zauberflöte“ wurde er Ende 1913 Ensemblemitglied der Dresdner Hofoper. 1919 folgten Gastspiele an der Berliner Staatsoper sowie die Ernennung zum Kammersänger in Berlin. Im Oktober 1921 sang er den Don José in Georges Bizets „Carmen“ an der Wiener Volksoper und kam dann an die Wiener Staatsoper, der er bis 1938 die Treue hielt. Tauber sang alle großen Tenorpartien der Opern- und Operettenliteratur und entwickelte sich zum besten Mozartinterpreten seiner Zeit. In der ersten Opernaufführung der Salzburger Festspiele trat er 1922 als Don Ottavio in W. A. Mozarts „Don Giovanni“ auf.

1921 lernte er Franz Lehar (1870–1948) kennen, der zu seinem Freund und wichtigsten Komponisten wurde. Lehar fand in Tauber den besten Interpreten seiner Operetten. Für ihn schrieb er u.a. Bühnenwerke wie „Paganini“ (1925) oder „Der Zarewitsch“ (1927). Seine bereits 1923 entstandene Operette „Die gelbe Jacke“ ließ er 1929 für Richard Tauber unter dem Titel „Das Land des Lächelns“ neu bearbeiten. Auch Lehars letztes Bühnenwerk „Giuditta“ (1934) wurde dank Taubers Mitwirkung zu einem großen Erfolg.

Als der Wiener Impresario Wilhelm Karczag 1922 Tauber anbot, den Armand in Lehars Operette „Frasquita“ im Theater an der Wien zu singen, war das erst der Anfang seiner Weltkarriere als Operetteninterpret. Das daraus stammende Tenorlied „Schatz, ich bitt’ dich, komm heut Nacht (Hab ein blaues Himmelbett)“ machte er zum Schlager.

Die wohl zutreffendste Beschreibung Richard Taubers gab Franz Lehar ab: „In hundert Vorstellungen, die Richard Tauber singt, ist er immer ein anderer. Er erlebt seine Partie immer neu. Er ist nie ein Mechanikus, vielmehr einer der Seltenen, den das Serienspiel nicht abstumpft, den es – merkwürdig genug – vertieft und verinnerlicht … Wenn er das „blaue Himmelbett“ mit immer neuen, reizvollen Nuancen singt, überrascht es mich selbst immer. Überhaupt – wir sind Brüder ohne den Luxus der Blutsverwandtschaft … Als Musiker – weit über dem Handwerk stehend, tiefgründig und von umfassendem Können. Als gottbegnadeter Sänger – die Stimme, die ich beim Komponieren höre. Als Mensch – ein lieber, prächtiger Kerl, treu wie Gold und zuverlässig wie Stahl.“

Das damals aufkommende Radio mit seinen zahlreichen Operettenmusiksendungen und der spätere Tonfilm trugen wesentlich zu Taubers Aufstieg zum Weltstar bei. Er spielte in Kinofilmen wie u.a. „Ich küsse ihre Hand, Madame“ (1929), „Das Land des Lächelns“ (1930), „Dein ist mein Herz (Blossom Time)“ (1934) oder „Der Bajazzo (Pagliacci)“ (1936).

Die beiden Lieder „Gern hab‘ ich die Frau‘n geküsst“ und „Dein ist mein ganzes Herz“ wurden zu Taubers größten Erfolgen und machten ihn weltberühmt. Privat hatte er nicht so viel Erfolg, seine beiden Ehen scheiterten. Die von ihm 1928 gegründete „Richard-Tauber-Tonfilm-Gesellschaft“ ging bereits 1931 in Konkurs.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 übersiedelte Richard Tauber nach Wien und mietete in der Wenzgasse 12 eine moderne Villa. Dieses 800 Quadratmeter große Haus wurde von zwei der bedeutendsten österreichischen Architekten, Josef Frank (1885–1967) und Oskar Wlach (1881–1963), für den Gummisohlen-Fabrikanten Julius Beer in den Jahren 1929 bis 1931 errichtet. Der Chronist der österreichischen Architektur-Moderne, Friedrich Achleitner, bezeichnet dieses Haus als das wohl bedeutendste Beispiel Wiener Wohnkultur der Zwischenkriegszeit.

Julius Beer musste aus finanziellen Gründen das Haus nach 1932 immer wieder vermieten. Von 1933 an teilten sich Richard Tauber und sein Tenorkollege Jan Kiepura, der mit seiner Frau Marta Eggerth und ab 1937 mit seinem Assistenten Marcel Prawy dort wohnte, zeitweilig das Haus.

Als Komponist trat Tauber u. a. mit seinen Operetten „Der singende Traum“ (1934) und „Old Chelsea“ (1942) in Erscheinung. Das Lied „Du bist die Welt für mich“ aus seiner ersten Operette widmete er dem Tenor Joseph Schmid, der es weltberühmt machte.

Tauber übersiedelte 1938 nach London, wo er seine Karriere erfolgreich fortsetzen konnte und 1940 die britische Staatsbürgerschaft erhielt. Während der Kriegsjahre sang er in englischen Städten für die Truppenbetreuung und war Gastdirigent bei Konzerten des London Philharmonic Orchestra.

Am 5. Juni 1946 gab Tauber unter der Leitung Franz Lehars im Studio Zürich von Radio Beromünster ein Konzert. Es wurde glücklicherweise aufgezeichnet und blieb so der Nachwelt erhalten.

Sein letzter Auftritt war am 27. September 1947 in London als Don Ottavio in W. A. Mozarts „Don Giovanni“ anlässlich eines Gastspiels der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Josef Krips. Richard Tauber erlag am 8. Jänner 1948 in London einem Krebsleiden. Sein Freund Franz Lehar folgte ihm am 24. Oktober nach.

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Dieter Bock
27. November 2017