Die alte Bauweise von Scheunen, Schupfen und Dächern

Eine typische, weit verbreitete und alte Bauform stellt die Scheune (der Stadel) dar. Sie ist immer ein brettergeschalter Holzständerbau mit Strohdach. Nur die Neubauten der letzten Jahrzehnte bringen den Steinpfeilerbau auf.

Ihr Grundriß ist ein Rechteck mit dem Seitenverhältnis 1:2. Sie besteht aus drei Jochen, demnach vier Vollgespärren (zwei Giebel- und zwei Mittelgespärre). Das Mitteljoch ist die Durchfahrtstenne, steht senkrecht zur Firstlinie des Daches und ist schmäler gehalten als die beiden Seitenjoche. Die Breite und Höhe dieser Quertenne entspricht einem vollbeladenen Ernte- oder Heuwagen und schwankt zwischen den Maßen von 2,80–3,80 m. Ein Vollgespärre besteht aus drei Ständern (Säulen), die an ihrem Kopfende durch ein Rahmenholz, welches zugleich Bundtram des Dachstuhles ist, miteinander verbunden sind. Das Fußende der Ständer ruht auf großen Steinblöcken und ist mit keinem Schwellholz gegenseitig verbunden.

Diese so gebildeten vier Vollgespärre werden nur durch zwei übereinander liegende Rahmenhölzer miteinander traufenseitig verhängt. Von diesen zwei Rahmenhölzern ist der obere Balken zugleich die Fußpfette des Dachstuhles und umklammert, gemeinsam mit dem unteren Rahmenholz, die vier Bundträme der Vollgespärre. Damit ist eine einfache, höchst sichere Verbindung der vier Vollgespärre miteinander geschaffen, die als typische Ständer-Rahmenbauweise bezeichnet werden kann.

Auf dieses Ständer-Rahmenwerk setzt sich, unmittelbar mit diesem verbunden, der Dachstuhl auf. In den Bundtram zapfen zwei schräg gestellte, der Dachneigung entsprechend gerichtete, Balken ein, die sich am First scherenartig kreuzen und hier überplattet sind. In der Mitte ihrer freien Länge werden sie durch ein Zangenholz, die sogenannte Sperrhaxe, gegen Ausknickung versteift und zusammengefasst. In die Kreuzungspunkte dieser drei Balken – das sind die Ichsen –, werden Pfetten gelegt. Sie stehen senkrecht zu den Vollgespärren und verhängen diese miteinander. So liegt eine Firstpfette am Kreuzungspunkt der zwei schräg gestellten Balken, zwei Mittelpfetten an den Kreuzungspunkten dieser mit der Sperrhaxe und die zwei Fußpfetten liegen auf den Bundträmen. Auf diese fünf Pfetten werden, senkrecht zu diesen, die Rofen gelegt. Das sind waldkantig oder baumwälzig belassene Hölzer, die in Abständen von 1,20 bis 1,50 m liegen und mittelst Holznägel an die Pfetten befestigt werden. Darauf wird ein Lattenrost genagelt, auf diesen dann die Schabstrohdeckung aufgebunden.

Dieser Dachstuhl, welcher nicht nur bei der Scheune Anwendung findet, sondern auch über dem Haus, dem Stall und den Schupfenbauten errichtet ist, wird von den Zimmerleuten als Sperrhaxendach bezeichnet. In der Fachliteratur wird er auch Scherendachstuhl genannt. Er ist im ganzen donauländischen Raum, wo Strohdeckung vorherrscht, zu finden. Konstruktiv betrachtet ist er als Pfettenrofendach anzusehen. Somit gehört er zu den Dachkonstruktionen des großalpinen-süddeutschen Raumes, in dem das Pfettendach heimisch ist. Seine Sonderform ergibt sich aus der Dachdeckung, dem Stroh, welches eine Steilneigung der Dachfläche gegenüber dem flachgeneigten Legschindeldach verlangt. Ebenso ausschlaggebend dürfte die geringe Spannweite gewesen sein, die für die Einzelgebäude des Gruppenhofes gegenüber dem alpinen Einheitshof gegeben war. Außerdem schafft seine Konstruktion von Säulen freie Dachräume. Seine enge Verwandtschaft mit dem alpinen Pfettendach besagt nicht nur die Firstpfette, sondern beweist die mitunter noch vorhandene, bis zum First reichende Mittelsäule (Firstsäule). Diese ist zugleich die Mittelsäule des dreisäuligen Vollgespärres, welche über den Bundtram hinaus verlängert, bis zur Ichse der beiden Schrägbalken zur Firstpfette läuft. Dabei überplattet sie den Bundtram und die Sperrhaxe. Sie wurde bei den geringen Spannweiten dieser Dächer und der Gespärrkonstruktion von Schrägbalken und Sperrhaxe nicht mehr notwendig und verkümmerte daher allmählich zur Sprossleiter, die zum Dachraum von der Tenne aus führt. Als Mittelsäule zur Unterstützung des Bundtrames blieb sie jedoch dauernd bestehen. Ihr Vorkommen ist ein Beweis für die Zuordnung dieser Ständerbauweise und Pfettendachkonstruktion zum Großraum der bayuvarischen Stammesgepflogenheit im ganzen Donauländischen Raum.

Auch die Schupfen ist ein Ständerbau. Nur ist jedes Vollgespärre zweisäulig. Die Jochzahl ist verschieden. Die Schupfen wird häufig an drei Seiten brettergeschalt, die dem Hofe zugekehrte Seite bleibt offen, um Wirtschaftsgeräte und Wagen leicht handlich, jedoch regengeschützt unterzubringen. Der Oberboden wird oft als Heuboden benützt.

Quellen:
Klaar, Adalbert: Die Siedlungs- und Hausformen des Wienerwaldes. In: Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Hg. von Friedrich Metz, Professor der Geographie an der Universität Freiburg, Bd. 31, Heft 5. Stuttgart: Verlag von J. Engelhorns Nachf. 1936

Übertragen von hojos
im Oktober 2012