Die Ansiedelung der Deutschen in Bačka-Palanka

Exzerpt aus „150 Jahre Bačka-Palanka“ von Nikolaus Hepp

Vorbemerkung

Deutsche Ansiedelungen in fremden Gebieten gab es viele, aber keine scheint mir so gut dokumentiert, wie jene zur Zeit Maria Theresias, in deren Rahmen die von den Türkenkriegen verwüsteten Gebiete im Südosten des Reiches wiederbelebt wurden. Besonders verdienstvoll ist das Heimatbuch von Nikolaus Hepp, der die slawische und deutsche Ansiedelung in den drei Schwestergemeinden Palankas detailreich dargestellte hatte.

Im Rahmen dieses Beitrages exzerpiere ich jene Teile des Buches, denen ich eine gewisse Allgemeingültigkeit für andere Kolonisationen zuerkenne. Allerdings weniger für lange zurückliegende, wie die deutsche Einwanderung in unsere Region, die hauptsächlich als Babenberger Kolonisation vom 10. bis zum 14. Jahrhundert geschah. Damals mussten zur Erfüllung der schweren Aufgabe kirchliche und weltliche Instanzen eng zusammenarbeiten. Das „Kronprinzenwerk“ zitiert dazu folgendermaßen: „Bei der Schwierigkeit der Urbarmachung konnte aber die Besiedelung meistens nicht von einwandernden Kleinbauern ausgehen, sondern von geistlichen Korporationen oder reichen Laien, die ihre Hörigen und Sclaven mitbrachten, so daß hier von Anfang an der Großgrundbesitz über die freien Bauern überwog.“ Dem ist aber auch zu entnehmen, dass der einwandernde Kleinbauer sehr wohl vertreten war, ohne dass uns die konkreten Bewegründe und Mühen der damaligen Siedler bekannt und überhaupt nicht vorstellbar sind. Daher mag dieses Exzerpt ein erstes Gefühl für die Situation geben, umso mehr, als sich die Lebensumstände in diesen Jahrhunderten nur langsam verändert hatten.

Vor die Übertragung der relevanten Teile des Buches stelle ich einige allgemeine Erklärungen zur Batschka, zu deren Vorgeschichte und zum Begriff Donauschwaben.

Die Batschka

Die Batschka (auch Batschgau, serbisch/kroatisch Bačka, ungarisch Bácska) ist das Land zwischen Donau und Theiß, und zwar etwa das südliche Drittel des breiten Streifens zwischen den parallel von Nord nach Süd verlaufenden Flussstrecken. Der größte Teil der Batschka gehört heute zu Serbien und ein kleiner Teil in Norden zu Ungarn. In Serbien ist die Batschka einer der drei Bezirke der autonomen Provinz Vojvodina.

Ab dem 7. Jahrhundert siedelten hier serbische und andere slawische Stämme, ab dem 10. Jahrhundert, nach dem Einfall der Ungarn in Europa, war die Batschka Teil der ungarischen Herrscherdynastien, besiedelt von einem Völkergemisch aus Serben, Ungarn und anderen Ethnien. Die mittelalterliche Festung Batsch nordwestlich von Novi Sad, von der sich der Name Batschkas ableitet, wurde um 1242 von den Mongolen zerstört und wieder aufgebaut. Nach der Verwüstung durch die Osmanen verlor sie an Bedeutung, ihr Name blieb aber in der Bezeichnung für die Region Batschka erhalten.

Allerdings hatte schon zuvor der gescheiterte ungarische Aufstand der Bauern, die damals recht- und besitzlose Arbeitssklaven waren, die Batschka 1514 teilweise entvölkert und die Türken waren bereit, diese trostlose Lage auszunützen. Ein größtenteils aus Slawen bestehendes ungarisches Heer wollte gemeinsam mit einem deutschen Heer eine Mauer gegen die Türken bilden, mit einer ersten großen und auch erfolgreichen Schlacht im Jahr 1524. Doch die Türken sammelten aus dem Orient große Heermassen und 1526 fielen die ersten befestigten Orte der Batschka und 1529 kapitulierte der Rest. Die jüngere Bevölkerung, soweit sie nicht fliehen konnte, wurde verschleppt, den Rest trieb der Hunger fort.

Versuche der Türken, die Batschka mit türkischen und slawischen Ansiedlern neu zu bevölkern, scheiterten und das Land verfiel in ein „mit Wildnis verwachsenes Wüstenreich“. Erst Prinz Eugen konnte nach langwierigen Kriegen mit wechselndem Glück 1687 die Batschka gänzlich befreien.

Zuerst siedelten sich pravoslavische (=orthodoxe) und römisch-katholische Slawen an. Nach dem gescheiterten Plan des Wiener Hofkriegsrates, mit Hilfe aller slawischen Völker des Balkans den Krieg mit den Türken siegreich weiter zu führen und den Kriegsschauplatz in die Türkei zu verlegen, gestattete Kaiser Leopold I. dem Patriarchen Arsen Crnojević III. und seinem vor der Rache der Türken fliehenden serbischen Volk, sich größtenteils in Srem, Slavonien und der Vojvodina, der damaligen Militärgrenze, zu der auch die Batschka gehörte, anzusiedeln. Unterschiedlich zu den späteren deutschen Einwanderern, kamen sie nicht freiwillig, um zu bleiben, sondern aus Furcht vor den Türken mit dem Recht, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Das aber war noch fast zwei Jahrhunderte nicht möglich und sie mussten bleiben. Ihre Aufgaben waren geteilt, die einen bebauten die Äcker, die anderen leisteten den Militärdienst, sie schützten die Grenze gegen die Türken und kämpften auch gegen die Kurutzen Rákóczis. Mit der Eroberung Temesvars 1716 wurde die Batschkaer Militärgrenze überflüssig. Der Teil der serbischen Bevölkerung, der weiterhin Militärdienst machen wollten, wurde die Donau weiter hinunter angesiedelt oder wanderten in die Banater Militärgrenze.

Gebliebene verdiente Offiziere wurden in den Adelsstand erhoben und bekamen 60 Joch Felder. Zur Wiederherstellung der alten Grundbesitzverhältnisse vor 1526 wurde eine Behörde geschaffen, doch waren die großen Adelsgeschlechter, die vor der Türkenzeit hier ihren Herrensitz hatten, ausgestorben und deren Grundbesitz fiel an die Krone. Durch Geschenke an getreue Vasallen entstanden wieder große und kleine Adelsgüter. Der größte Teil der Batschka blieb aber Staatsgut bzw. Kameralgut und wurde von der Hofkammer verwaltet. Zu dieser Zeit vor der deutschen Einwanderung bestand Palanka betreffend nur Altpalanka, damals Palanka genannt, das zu einem „Provisoratamt“ erhoben wurde.

Plan des neu inpopulierten Kammeral Orths Pallanka. Er zeigt auch Alt-Palanka. Die anderen hier ersichtlichen Ortsteile sind ein Vorgriff auf die folgende deutsche Einwanderung. Die ersten 1742 hier ankommenden deutschen Familien siedelten sich in Alt-Palanka an, wobei die slawische und die deutsche Nation freundschaftlich miteinander umging. Raubende Zigeuner machten aber den deutschen das Leben schwer und sie baten um Umsiedlung. Das Kameralamt wies ihnen einen Platz weiter oben an der Donau zu, das ab ca. 1760 besiedelte, geordnet angelegte Nova-Palanka. 1780 wurde laut Überlieferungen mit der Besiedelung des zunehmend trockengelegten Raumes zwischen Alt- und Neu-Palanka begonnen, zuerst durchwegs mit Handwerkern. Dem obigen Plan zufolge erfolgte diese dritte Besiedelung mit geradelaufenden, drei Kilometer langen Straßen nördlich der alten Besiedlung. Sie wurde zur selbstständigen Gemeinde Deutschpalanka, später Batschkapalanka.
<p><b>Plan des neu inpopulierten Kammeral Orths Pallanka</b></p><p>Er zeigt auch Alt-Palanka. Die anderen hier ersichtlichen Ortsteile sind ein Vorgriff auf die folgende deutsche Einwanderung. Die ersten 1742 hier ankommenden deutschen Familien siedelten sich in Alt-Palanka an, wobei die slawische und die deutsche Nation freundschaftlich miteinander umging. Raubende Zigeuner machten aber den deutschen das Leben schwer und sie baten um Umsiedlung. Das Kameralamt wies ihnen einen Platz weiter oben an der Donau zu, das ab ca. 1760 besiedelte, geordnet angelegte Nova-Palanka. 1780 wurde laut Überlieferungen mit der Besiedelung des zunehmend trockengelegten Raumes zwischen Alt- und Neu-Palanka begonnen, zuerst durchwegs mit Handwerkern. Dem obigen Plan zufolge erfolgte diese dritte Besiedelung mit geradelaufenden, drei Kilometer langen Straßen nördlich der alten Besiedlung. Sie wurde zur selbstständigen Gemeinde Deutschpalanka, später Batschkapalanka.</p>

Die Donauschwaben

Die zuvor geschilderten Katstrophen und die schlechte Bewirtschaftung während der osmanischen Herrschaft, die Jahrzehnte hin- und herwogenden Kämpfe in Verbindung mit einigen Pestepidemien hinterließen im Land nur mehr eine sehr spärliche Bevölkerung und gewaltige Zerstörungen. Die am stärksten verwüsteten Teile des Landes im Süden und Osten hatten nur eine Bewohnerschaft von 2 bis 3 Einwohnern je Quadratkilometer. Für die Wiederbesiedelung dieser neu erworbenen Gebiete des Habsburgerreiches waren auch in den anderen Teilen Ungarns, die von türkischer Besatzung frei geblieben waren, nicht genügend Menschen verfügbar. Als wirksamer Ausweg bot sich der Rückgriff auf das Potential des Römisch-Deutschen Reiches an, dessen gewählte Kaiser seit Jahrhunderten in der Regel die Habsburger waren.

Für alle deutschen Kolonisten im Donauraum bürgerte sich der gemeinsame Name „Schwaben“ ein, obwohl viele von ihnen aus fränkischen Landschaften stammten. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts erreichte der Kolonistenzustrom seinen Höhepunkt. Die gekrönten Häupter dieser Kolonialpolitik waren vor allem Kaiser Karl VI. und seine Tochter Maria Theresia.

Die allerersten deutschen Einwanderer nach der Türkenzeit waren Bauhandwerker, die sich in den befreiten Festungen und Städten niederließen, wo sie für die Wiederherstellung der Befestigungsanlagen dringend benötigt wurden. Zu den Ansiedlern der Frühzeit gehörten auch Bergleute, Köhler, Forstleute und Zimmerleute aus den österreichischen Alpenländern Tirol, Steiermark und dem oberösterreichischen Salzkammergut, die im Banater Bergland verwendet wurden, um die dortigen reichen Kupfer-, Silber- und Eisenvorkommen sowie die dazugehörigen Hüttenbetriebe wieder in Gang zu bringen.

Donauschwäbische Siedlungsgebiete 1683 bis 1944/45. Auf beiden Seiten der mittleren Donau von Raabfluss im NW bis zum Eisernen Tor im SO. © Leuttenbacher Heimatblätter
<p><b>Donauschwäbische Siedlungsgebiete 1683 bis 1944/45</b></p><p>Auf beiden Seiten der mittleren Donau von Raabfluss im NW bis zum Eisernen Tor im SO.</p><p><i>&copy; Leuttenbacher Heimatblätter</i></p>

Im Folgenden nun die Exzerpte aus dem Buch 150 Jahre Bačka-Palanka.

Die Ursachen der Auswanderung

Hauptsächlich war es die wirtschaftliche Notlage, die die Familien zur Auswanderung drängte. Im Bittgesuch einiger Familien, das schon im Jahre 1737 an die vorderösterreichische Regierung in Freiburg gerichtet wurde, hieß es: „Wir können in der Ermangelung der Mittel mit Weib und vielen Kinder in der Grafschaft Hauenstein ohne den ledigen Bettelsack an den Rücken zu hängen, uns ferneres nicht ernähren. Wir befinden uns in einem Sehr schlechten und sehr miserabeln Stand.“  – Aber nicht nur in der Grafschaft Hauenstein, sondern auch in anderen Gegenden Deutschlands war die Lage der Untertanen eine sehr harte. Hofkammer-Rat Ignatz Kämpf schreibt im Jahre 1743 in seinem Ansiedlungsprojekt, dass in Baiern und in der Oberpfalz die Not so groß sei, dass die Bevölkerung auswandern müsse.

Viele Kolonistenfamilien, welche aus dem badischen Schwarzwald stammten schilderten die wirtschaftliche Lage des südlichen Schwarzwaldes folgenderweise: „Der Schwarzwald vor so 300 Jahren war noch eine einsame waldige Gegend, wo nur wenige Menschen bei schwerer Arbeit und jämmerlicher Nahrung ihr Leben fristeten. Die Hauptbeschäftigung war die Landwirtschaft, bei welchem dem verwachsenen Waldboden in der Arbeit die wenigen Früchten abgerungen werden mussten. Ein anderer Teil der Bevölkerung beschäftigte sich mit Holzflößen für die Bergwerke polzen“.

Das Gebiet gehörte zum größten Teil der Herrschaft Fürstenberg, der Abtei St. Blasien und Vorderösterreich. Durch die vielen Kriege, besonders den Dreißigjährigen, war das Land und Hauptsächlich die Gegend des südlichen Schwarzwaldes gänzlich verarmt. Der Hof und Grundbesitz wurde nicht mehr geteilt, sondern nur einer, und zwar der jüngere Sohn sollte in bekommen. Durch dieses Erbrecht blieben die Höfe in ihrer Größe bestehen, die älteren Geschwister aber mussten versuchen, als Taglöhner oder Knecht ihr Brot zu verdienen. Die Lebensführung war äußerst einfach. Die tägliche Nahrung bestand aus Haferbrot, Milch, Butter und Gumperst, (eingemachte weiße Rüben). Es musste schon ein Festtag sein, wenn noch Speck oder anderes Fleisch auf den Tisch kam. Für eine Volksvermehrung war der Boden nicht ertragsfähig genug.

Darüber hinaus brachten die Kriegszüge des 17. Jahrhunderts die weltfremden Schwarzwälder mit Soldaten zusammen, die ein gutes Stück Welt mit ihren vielfältigen Ansprüchen gesehen hatten und das regte auch bei ihnen neue Bedürfnisse. 

Die Kaiserin Maria Theresia beabsichtigte 1754 für die Bačka noch 500 deutsche Familien in Vorderösterreich anwerben zu lassen und unterhandelte deswegen mit dieser Repräsentation. Vorderösterreich war ein vielfach verzweigtes Gebiet, das sich in Süddeutschland bis zum Rhein hinzog. An der Spitze dieses Gebietes stand eine kaiserliche Vertretung, die in Konstanz residierte, der die Oberkreis- und Landvogtei-Ämter in Bregens, Stockach, Bludenz, Freiburg, Feldkirch, Günzburg, Nellenburg, Offenburg, Rheinfelden, Rothenburg, Waldkirch u. a. unterstanden.

Am 27. April erkundigte sich die Kaiserin, „ob die Fortführung so vieler Familien ohne Nachstand des heraussigen Contributions-Stand möglich seye?“ Von den befragten Ämter war allein Bludenz gegen die Anwerbung von Auswanderern. Dessen Bericht vom 6. Juni 1754 argumentierte folgendermaßen: In den Herrschaften Bludenz und in Sonnenberg sei die Zahl der Einwohner ziemlich groß, aber die dichte Bevölkerung diene dem Lande nur zum Nutzen, denn „je mehr Leute, desto mehr Steuer“. Das Land könne zwar seine Bewohner nicht alle selbst ernähren, aber viele Kinder – ihre Zahl mag wohl hundert betragen –, gingen alljährlich Vieh hüten nach Schwaben, die Handwerker und Händler suchten in der Schweiz Erwerb, die Korn-Schnitterinnen und Krautschneider verdienten im Reiche und im Elsaß, und im Winter verreisten auch die Spinnerinnen. Alle brächten viel Geld nach Hause. Die Auswanderung möchte die Steuereinnahmen vermindern. „Zu deme bin ich ganz sicher geglaubt, dass von hieraus nicht eine einzige Familie das Domizilium nachher Hungarn transferieren werde“.

Die übrigen Ämter hingegen stimmten entschieden der Auswanderung bei und deshalb hatte die Repräsentation gegen die Auswanderung von 500 Familien auch nichts einzuwenden. Das Vorland war ohnehin „mit Bürgern und Innwohnern allzu sehr übersetzt“. Zu Kriegsdienst waren in den Vorländern nur wenige, die Vorarlberger überhaupt nicht zu überreden. Die Armut war groß, der Ernteertrag zu gering und die Gebietsvorsteher wünschten deshalb auch, dass die Familien auswandern sollen. Sie deuteten aber auch auf die Nachteile hin, die mit der Auswanderung einhergingen.

Der Umstand, dass viele Familien, die in Ungarn ihr gehofftes Unterkommen nicht finden konnten, zurückwanderten und jetzt ärmer sind als sie waren, dürfte der Anwerbung von Auswanderern Schwierigkeiten bereiten. Die Gebirgsbewohner bleiben überhaupt gerne zu Hause und „die übrig hierländliche Leute aber zu der in Hungarn erforderlichen Arbeit sich entweders nicht tauglich erachten, oder zu müde seiend, allenfalls aber lieber in ihrem Vaterland, als in entfernten Orten sich nothleiden sehen wollen“. Deshalb machte die Repräsentation den Vorschlag, den Auswanderern auf einige Jahre Vorteile zu sichern, deren Transport zu erleichtern, indem der Staat von Ulm die Schiffskosten ganz oder teilweile übernimmt; weiters sei den Kolonisten die Freizügigkeit zugestanden und sie sollen auch unterstützt werden, wenn sie zurückkehren wollen und damit der Gemeinschaft nicht zur Last fallen, wie dies schon geschehen sei. „Hoffen auch – schließt die Repräsentation –, wann die Leuthe versichert seyend, dass sie unter keines Privat Herren, sondern Euer kaysl. königl. Majestät Imediate (unmittelbare) Kameral-Unterthänigkeit gelangen, sich zu solcher Emigration um so leichter resolvieren dürfften“. Da man in Wien darauf bedacht war, mehr Ansiedler zu gewinnen, ließ man mittels eines kaiserlichen Patentes eine Kundmachung ergehen, in welchem man den Angeworbenen tatsächlich ein besseres Los zusicherte.

Der eigentliche anregende und treibende Faktor der Ansiedlung der Deutschen in der Bačka war die Wiener Hofkammer und die ungarische Hofkammer in Preßburg, die unter der Vormundschaft der Wiener Hofkammer stand. So wurde über die Ansiedlung einer neuen Gemeinde zuerst auf der ungarischen Hofkammersitzung verhandelt. Ihre, in lateinischer Sprache verfassten Vorschläge über die Neubevölkerung wurden von der Wiener Hofkammer angenommen, abgelehnt oder modifiziert. Nach der Überprüfung der Ansiedlungsvorschläge erhielt die ungarische Hofkammer den Auftrag zur Durchführung der Ansiedlung und die Kammer betraute den Kammeralverwalter des Bačkaer Distriktes mit deren Durchführung. Der Kammeralverwalter schickte Ansiedlungs-Emissäre nach Wien, wo ein jeder ein von der Kaiserin eigenhändig unterfertigtes Ansiedlungs-Patent erhielt, mit welchem er die Kolonisten anzuwerben und von Ulm aus auf Schiffen in die Bačka zu befördern hatte. Hier angelangt wurden die neuen Einwanderer von dem Kameralverwalter Baron Redl von Rothenhausen übernommen und angesiedelt.

Die Reise nach der neuen Heimat

Die zur Auswanderung entschlossenen, verschafften sich vor allem die nötigen Reisedokumente und machten dann alles Entbehrliche zu Geld. Dies war aber nicht leicht, zumal in jenen Dörfern, aus welche mehrere Familien fortzogen, die Auswanderer ihre kleine Habe nur tief unter ihrem Wert losschlagen konnten. Durch die Auswanderung wurden dort die Häuser so billig, dass auch der Ärmste sich ein Haus kaufen konnte.

Der Abschied fiel den Auswanderern sehr schwer. Aus den Augen flossen Tränen, schwer wurde es ihnen zu Mute, als sie von den Nachbarn, Bekannten und Verwandten, von der lieben Heimat für immer Abschied nahmen.

Lange und ermüdend war der Fußweg bis Ulm. Stumm und traurig zogen sie durch freundliche Dörfer, durch die waldreiche Natur und vorüber an grünen Saatfeldern, über denen lustiger Lerchengesang tönte. So marschierten die Auswanderer, oft Großvater, Vater und Sohn mit den Frauen, dahin, während der hochbeladene Wagen von Pferden bespannt die unentbehrlichen Wirtschaftsgeräte und den Hausrat bis Ulm nachführte.

Am Donau-Ufer in Ulm angelangt, fanden sie die Transportschiffe am Landungsplatz zur Einschiffung bereit liegen. Es gab zu jener Zeit noch keine Dampfschiffe, gezimmerte Holzpletten, so lang und breit, dass jede mehrere Familien aufnehmen konnte, standen deren immer fünf und fünf Pletten zur Abfahrt bereit. Als die Liste der Auswanderer verfasst war, wurde die Einschiffung vorgenommen und es ging dann Donauabwärts, der neuen Heimat, der Bačka entgegen.

Die Fahrt von Ulm bis Regensburg, Passau und Linz war in 12–14 Tagen gemacht. Nun nahte die gefürchtete Stelle bei Stein an der Donau. Der rasende Struden, der schon so manchen mutigen Schiffsführer mit seinem Schiff in die Tiefe zog, machte den Auswanderern großen Kummer. Den zischenden und rauschenden Strom mit seinen fürchterlich arbeitenden Gewässern konnte man schon meilenweit entfernt vernehmen. Kalt ging es jedem über deren Rücken, der eine Fahrt über den „Struden“ durchzumachen hatte. Der mündlichen Überlieferung nach sind auch mehrere Auswandererschiffe von den reißenden Fluten des Struden in den Abgrund gezogen worden. Hatten einmal die Schiffe der Auswanderer diese gefährliche Stelle ober Wien passiert, so atmeten sie erleichtert auf.

In Wien angekommen wurde eine fünf- bis sechstägige Unterbrechung der Fahrt angeordnet, die die Auswanderer dazu benützen, um sich die Sehenswürdigkeiten Alt-Wiens anzusehen. Schon damals hatte Wien seine schönsten Anlagen. Der stolze Stephansdom war um diese Zeit schon einige hundert Jahre alt. Die Burg, die Kapuzinergruft. Außerdem besaß Wien mehrere Ordensbrüder, Nonnen und Kirchen, welche jede eine Sehenswürdigkeit in sich barg. So die Kirchen der Augustiner, Kapuziner, Franziskaner, Karmeliter, Dominikaner, Michaeler, Minoriten, Pasmaniten, Barmherzigen, Piaristen, Paulaner, Serviten, Mechitaristen und die Jesuiten mit ihren adeligen Konvikten und der hohen Universität.

Auch mussten die Auswanderer ihre Papiere in Wien vidieren lassen und in Ordnung bringen. Vor der Abfahrt wurde die Schiffe vom Konstabler nochmals durchsucht, ob nicht von den Kolonisten solche Bücher in die neue Heimat eingeschleppt wurden, welche von der Hofkammer verboten waren. Unter diesen unerlaubten Büchern war in erster Reihe die „Lutherbibel“ gemeint, die den Leuten weggenommen und verbrannt wurde. Unter der mariatheresianischen Ansiedlung war die Auswanderung von evangelisch Gläubigen strengstens untersagt. Den Protestanten räumte erst Kaiser Josef der Zweite das Recht zum Auswandern ein, durch das bekannte Toleranz-Edikt 1782.

Als alles in Ordnung gebracht war und für die Weiterfahrt die nötigen Lebensmittel aufgenommen waren, wurde die Fahrt nach dem Süden fortgesetzt. In Ofen angelangt (Pest bestand zu jener Zeit noch kaum), wurde wieder Halt gemacht, um Lebensmittel aufzunehmen. Dann ging die Fahrt weiter. Des nachts war die Fahrt eingestellt und die Schiffspletten lagen einige Klafter vom Ufer entfernt vor Anker. Beim Wehen der Winde wurde nicht gefahren, sondern „Wind gefeiert“. Gerudert wurden die Schiffe sehr selten, man ließ das Fortkommen der „Wasserrinne“ über.

Die Zufahrtsstelle der Auswanderer-Schiffe in der Bačka war größtenteils Apatin gewesen, denn dieser Ort war einer der ersten, welcher angesiedelt wurde. Nach bereits achtwöchiger Wasser-Fahrt landete endlich das Schiff in Apatin. Die Kolonisten freuten sich, wieder einmal festen Boden unter sich zu haben, die Mutlosigkeit, die sie während der langen Schifffahrt beschlichen hatte, wich allmählich. Die Apatiner Einwohner kamen aus Neugierde an das Donauufer und suchten unter den neu Angekommenen nach bekannten Landsleuten.

Die Freude des Wiedersehens war groß. Die Apatiner sprachen den Kolonisten Mut zu und trösteten sie auf eine gute Zukunft. Da ergriff auch die Zagenden eine heitere Stimmung und frohe Hoffnung. Baron Redl, der Kammerverwalter, hatte die Arbeit, die Ankömmlinge auf ihren bestimmten Orten zu verteilen. Unbespannte Wägen der Kolonisten wurden von der Kameralherrschaft mit Pferden und Ochsen bespannt.

Die Abstammungsorte der Ansiedler

Die Mehrzahl der Ansiedler stammt aus dem Badener und  Würtembergischen Schwarzwalde. Aus verschiedenen Orten dieser Gegenden waren sie zusammengesetzt, und zwar: Aus der Stadt Offenburg, Waldhausen, Niederhofen, Stöflach, Marlen, Oberbergen, Degenfelden, Goldscheuer, Bibrach, Oberhammersbach, Ettenheim, Seelbach, Forbach, Betzingen, Mittelbach, Waldkirch, Oberschopfheim, Heiligenzell, Kenzingen, Ichenheim, Kippenheim, Rastat, Horb, Berstinge, Sulzau, und Eßlingen u.s.w.

Dann kamen Ansiedler aus den Ländern: Westfalen, Elsaß, Hohenzollern, Schweiz, und aus Oberfranken. Aus Sachsen und Hessen. Aus Rheinpfalz und Lothringen kamen erst unter Josef II. die Kolonisten in diese Gegend.

Die Gründung der Ortschaften

Als die Ansiedler angekommen waren, hatte das Kameral-Inspektorat schon Hausplätze ausgemessen vorbereitet und diese den Ankömmlingen zugewiesen. In der Eile wurde eine Nothütte errichtet und mit Rohr überdeckt. Als diese fertig war, ging man daran, die Häuser aufzustampfen damit sie beim Eintritt des Winters fertig waren. Zur Stampfarbeit konnte man die slawischen Bewohner haben, die sie um billiges Geld ausführten.

Um sich einen Begriff zu machen, was so ein Stampfhaus zu jener Zeit kostete, sollen hier zwei Beispiele angeführt werden:

Ein kleines Haus
1 Rheinischgulden = 60 Kreuzer

Gulden Kreuzer
Den Stampfen, Akkord 7 00
Zwei Fensterstöcke - 48
Zwei Türstöcke samt Türen 2 30
1 Ofen 1 00
34 Bretter 3 34
Arbeitslohn der Zimmerleute 4 00
Den Dachboden, Akkord 3 00
Das Dach belatten samt Latten - 27
Zwei Fenster samt Glas 1 36
Zwei Türbeschläge - 54
Das Holz für Gespärre 1 15
Zwei Mauerbänke 1 30
9 Träme 1 11
Verschmier, Bodenstampfen, Rauchfang 5 00
Zusammen 33 45

Für das große Haus (drei Fenster, drei Türen, zwei gebaute Öfen,13 Träme) ist die Tabelle nicht leserlich, die Summe beträgt rund 55 Gulden.

Die Kolonisten der Kameraldörfer erhielten zum Hausbau aus der Staatskasse größere Geldvorschüsse, welche teils zurückgezahlt, teils jedoch nachgesehen wurden. In Novo-Palanka wurden von 1755–1768 48 große und 37 kleine Häuser erbaut.

Das Ansiedlungspatent

Das Ansiedlungspatent war gleichzeitig auch ein Reisepass für die Emissäre und für die mitgeführten Familien. In der Folge das Ansiedlungspatent der mariatheresianischen Ansiedlung vom 7. Juni 1755, mit dem der „Hodschaker“ und „Palanker“ und andere Kolonisten angeworben und angesiedelt wurden, wortgetreu nach dem Original des Wiener Hofkammerarchivs:

„Wir Maria Theresia von Gottes Gnaden Römische Kaiserin in Germanien, zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Kroatien, Slavonien Königin Erzherzogin zu Österreich u. s. w.

Entbiethen denen Ehramt Geistlicher Wohlgeboren, Edlen, Unseren lieben andächtigen Getreuen pp Prälaten, Grafen, Herren, (Baron), Ritter, Knechten, (Soldaten) Pflegern, Vogten, Verweser, Landrichtern, Burgtvögten, Schultheißen (Dorfrichter) Landamtmanne, Räthen, unterthanen und Gemeinden in unseren Ländern und Herrschaften an. Unser Gnad und alles Guten und geben hiermit zu Vernehmen, wasmaßen Fürweißer dieses Anton Akly und Anton Nuber Apatiner Insassen in unserem Erbkönigreich Hungarn von unserer Hungarischen Hofkammer eigend ausgeschickt seyen zu Bevölkerung des in der Theyß befindlichen Bačer Bezirkes und der an dem Marosch-Fluss gelegenen Herrschaft Arad in Unseren V. Ö. Landen und Herrschaften eine Anzahl Römisch-Catholischer Teutscher Familien aufzubringen, welche sich in erst besagten Bezirklichen gegen nachstehenden Bedingnüßen ansäßig machen können und zwar:

Bedingnüßen.

Gegen welche in dero Römisch kaysl. Majestät Erbkönigreich Hungarn und zwahr dem an der Theyß Befindlichen Bačer Bezirk und der Gleichfalls an dem Marosch-Fluss gelegenen Herrschaft Arad, die Ober Österreichische vorländische alleinig Römisch-katholische Teutsche Familien ansässig machen können und zwar

Erstens: Wird den sich ansässig machen wollenden Teutschen Familien ein mit genugsamer Waldungen, gesundem Wasser darin fruchtbaren Ackern und Wißmatten (Wiese) überflüssig versehenen Stück Landes angewiesen und damit Sie solches für immer in Vollständiger Ruhe Bebauen mögen, von denen angränzenden Ortschaften mit Besonderen Marktsteinen unterschieden werden, desgleichen sollen sie von allen allgemeinen kaysl. köngl. Landesabgaben, wie auch Militärquartier und Vorspann durch sechs ganze nacheinander folgende Jahr, wie nicht minder von seitens der kaysl. königl. Herrschaft, von allen Grund-züns oder sonstigen Grundbuchs Gaaben ebenfalls durch drey nacheinander folgende Jahr gänzlich frey seye.

Zweitens: Nach genugsamer Bevölkerung eines jeden ihnen angewiesenen Orths, wird von Seiten der kaysl. köngl. Herrschaft alsogleich das benöthigte Gottes Haus samt dem Pfarrhof, aus eigenen Kosten erbaut und zugleich die Vorstehung gemacht werden, womit bey jeder Gemeinde ein beständiger Pfarrer oder Seelen Sorger von ihrer Nation angestellt werde.

Drittens: Sollen Sie für immer als unmittelbare kaysl. königl. Unterthanen gehalten und so forth weder eine Gemeinde insgesamt, noch eine Familie oder Unterthan ins Besondere an jemand anderen Kauf-Tausch oder Geschanksweis überlassen und bey nebens nicht als Leibeigene sondern als freye kaysl. königl. Unterthanen gehalten und angesehen werden; Und wird dahero jedem freygestellt, zu Verbleiben oder aber sowohl in dem Königreich auf einen anderen Orth, als auch außer demselben sich zu begeben und überdies auch zugelassen ein allenfalls schon gebautes Haus samt gepflanzten Wein- und Obstgarten an einen anderen kaysl. königl. Unterthan ohngehindert verkaufen zu können, jedoch mit diesem ausdrücklichen Vorbehalt: daß ein solcher Unterthan, ehe und bevor derselbe die Herrschaft verläßet, die von ihme schuldigen allgemeinen Landes- und Herrschaftlichen Züns oder sonstigen Grundbuchs-Gaben neben dem gewöhnlich Abfahrt-Geld zu entrichten gehalten feye solle.

Viertens: Wird auch jeden, der einen Weingarthen anlegen wolle nicht nur der hinzu bequeme Orth ohne Entgeld angewiesen, sondern überdies auch eine Sechsjährige Freyheit von allem sowohl allgemeinen als auch herrschaftlichen Gaaben mithin auch ohne Zehend oder Bergrecht verwilligt, nach Verschließung aber vorerwähnden Sechs Frey Jahren ist der Herrschaft von der alljährliche Fexung und zwar wenn der
Weingarten auf einem öden Grund oder Hier Landes sogenannten Praedio angelegt worden, der siebente, von jener aber, die auf den Grund und Boden derer schon ehehin Bevölkerten Ortschaften gepflanzet worden, der Neunte Teil zu geben.

Fünftens: Werden jeden sich ansäßig machenden, nebst der benöthig Haus-Statt, so viel Joch Äcker und Wiesen ohne Entgeldt angewiesen und überlassen werden, als er behörig zu bebaeen und zu versorgen nur immer im Stande wird seyn können. Überdieß aber wird auch einer jeden Gemeinde insbesondern ein Stück Landes angezeichnet werden, welches zur Weydung ihres Zug- und Melk-Viehes bequem liegend und hinreichend sein solle.

Sechstens: Zu Erbauung des nöthigen Wohnhauses und übrigen zur Haushaltung und Würtschaft gehörigen Gebäuer, wird das Benöthigte Bau-Holz von seyten der kaysl. königl. Herrschaft einem jeden gratis ohne Entgeld verabfolgt werden.

Siebentes: Nach Verflüßung oberwähnten drey frey Jahren hat ein ganzes Bauernhaus als einen beständigen Grundzüns alljährlich Sechs Rheinisch-Gulden, ein halbes aber drey Gulden Reinisch dem kaysl. köngl. Rendt-Amt (Behörde an die die Landesherrschaftlichen Abgaben entrichtet werden, heute Steueramt) zu bezahlen, im übrigen aber sollen sie von allen Robothen frey, dagegen aber gehalten feyn und zwar jene welche zu Bevölkerung ein Eder Grund oder Pradium wird angewiesen werden, von allen ihren fexenden Feld- und Garten-Früchten, desgleichen auch von denen Bäumen-Kitzeln (Obst) und Bienenschwärmen den Siebenden Theil, jene aber, welche schon onehin bewohnte Örther angewiesen wurden, von erwähnten Früchten, Honig und Vieh-Sorten den neunten Theil der Herrschaft als dem Grundherrn und anbey diese letztere auch nebst dem Neuntel so erwehnter Maßen der Herrschaft gebühret, auch das Zehendl, so auch denen Landes Verfassungen der Klerisey oder Geistlichkeit zukommet, zu entrichten und Endlich nach Verlauf oberwehnten Sechs frey-jahren, ein jeder nach muß seines Vermögens die allgemeinen Landesgaaben und soforth auch die Militär-Quartier und Vorspann zu tragen, halten und verbunden fein.

Achtens: Verwilliget: über dieses die kaysl. köng. Herrschaft denenselben allen alljährlich vom ersten Oktobris bis ende Martij (März).

Neuntens: Und endlich auch, daß sie sich ansäßig machen wollende Teutsche Familien an Stell und Orth, die zur Sommer und Winter-Saath wie auch zu ihrer Nahrung erforderliche Körner und baares Geld zu erkaufen nicht gemüssigt seye sollen, so wird ein jeder Gemeinde insgesamt oder nach Willkühr auch einem jeden insbesondere das benöthigte Körndl, sowohl zur Bebauung derer Äcker als auch ihren Unterhalt von der kaysl. königl. Herrschaft entweder gegen Bahrer Vergütung, oder abermallige Zurückgaab aus der ersten oder zweyten Fexung dargereicht und bei nebst allmöglicher beystand und Vorschub geleistet werden.

Solchemnach ergehet an all obgedachte An Unfer gnädigster Befehl, daß ernannte Anton Akly und Anton Nuber samt denen mit sich führend emigrirenden Familien allerorten Frey sicher und ohne Aufgehalten auch ohne Abnehmung einiger Mauth oder Landes-Fürstlichen Abfährts-Gebühren fortkommen und passieren bey nebendenselben auch sein geziemendes Ansuchen zu welcher Reyse all-möglichen Vorschub und Beförderung angedeihen lassen ansonsten allen geneigten willen und beystand erweysen und da solches von denen ihrigen gleichfalls beschehe, daß behörige verfügen sollen. Hieran geschiehet unser gnädigster Willen und Meinung zu Urkund dies Briefes besiegelt mit unserem kaysl. königl. und Erzherzogl. hier vorgedrukten Sekret Insigel der geben ist in unserer Haupt und Residenzstadt
Wien, den 21-ten Monatstag Juni in Siebenzehnhundertfünf und fünfzigsten, unserer Reiche im fünfzehndem Jahr der Regierung
Maria Theresia
Johann Graf Chotek
Friedericus Wilhelmus Comes ab Haugvitz.“

Dies ist der getreue Wortlaut des Ansiedlungspatentes der Kaiserin Maria Theresia.

Mit diesem Patent versehen, traten die Ansiedelungs-Emissäre (Vermittler) Alky und Nuber ihre Werbereise von Wien aus an. Sie hatten von der Wiener Hofkammer einen Geldvorschuss erhalten und man versprach ihnen für eine jede angeworbene, in die Bačka herabgebrachte und ansässig gemachte Familie zwei Rheinisch-Gulden Renumeration.

Die Anwerber mussten, um Erfolge zu erzielen, unermüdlich und Klug ans Werk gehen. Es war ein feiner Spürsinn erforderlich, um bald herauszufinden, wo den Leuten der Stiefel drückt. Vor allem mussten sie das glückliche Leben der Ansiedler in der Bačka loben. Dann hieß es, das Patent mit der Unterschrift und dem Siegel der Kaiserin vorzuzeigen und zu erklären. Fanden sich ein paar Hitzköpfe, die gleich zusagten, und noch einige nahe Verwandte, und gute Freunde überredeten, so war das Eis gebrochen und die Anwerber hatten ein leichtes Arbeitsfeld. Da viele sich in misslichen Verhältnissen befanden, griff das Auswanderungsfieber schnell um sich.

Die Werbung wurde auch durch den Umstand erleichtert, dass Auswanderer neben den im Ansiedlungspatent zugesicherten Begünstigungen auch das Abfahrtsrecht ohne Erlegung des Abfahrtsgeldes zugestanden wurde. Die Auswanderer waren ja fast alle Leibeigene, Hörige die untrennbar zu einem Grund und Boden gehörten, und als solche keine Freizügigkeit hatten. Wenn ein Leibeigener auswandern wollte, musste er sich loskaufen. Die Auswanderer durften nun infolge Vermittlung der Kaiserin ihr ganzes Geld und ihre Habseligkeiten ungeschmälert mitnehmen.

Wieviele Ansiedler von Akly und Nuber angeworben wurden, lässt sich genau feststellen, da die Akten über die Verrechnung ihrer Renumeration im Wiener Hofkammerarchiv aufbewahrt sind: Sie haben 107 Familien in die Bačka gebracht. In der Akte vom 9. Oktober 1758 klagen Akli und Nuber, dass geheime Agenten in Ungarn viele angeworbene Familien auf Privatgüter entlockten „in specie zu Ofen, Paks, Dulnau (Tolna) und Mohač, als welche an der Donau liegende Städte und Ortschaften wir unseren Familien Transport-Schiffen passieren mussten, in der Still abgeredtet und in anderen Privativer Grundherrschaften Gütern ansäßig gemacht worden seynd“.

Dokumente der Auswanderer

Dem Geschichtsdichter der „Bačkaer Heimatsbücher“, Herrn Friedrich Lotz, Professor an der staatlichen Deutschen Bürgerschule in Odzaci ist es gelungen, das Reisedokument eines Ansiedlers aufzufinden.

Ein jeder Familienvater, der sich zur Auswanderung entschlossen hatte, musste auf das herrschaftliche Amt gehen, um sich einen Passierschien zu erbitten. Solch ein Passierschein oder Einwanderungsschein ist in Odzaci vorhanden und gehörte dem Ansiedler Josef Baßler, der mit Frau und drei Kindern 1759 von Hertznach, in der Schweiz einwanderte. Der geschriebene Text lautet:

„Josef Baßler von Hertznach in der Landschaft Friedthal, diesseitig herrschaftlicher Unterthan, welcher nebst seinem Eheweib und 3 Kinder mit dieser endemigrirenden Familie nachher Hungarn zu ziehen gewillet, in der ganzen Gegend herum eine gantz gesund und reine Luft regiere. Umwelches hiemit unter Offerierung des Reciprocidas geziemenden Ersuchen geschieht.“

Der Ausdruck, dass in der Gegend reine Luft regiere, bedeutet, dass keine ansteckende Krankheit in der Umgebung von Rheinfeldern herrscht. Dieser Satz kommt nicht nur auf den Einwanderungsbriefen der Kolonisten vor, sondern auf allen Reisepässen, der damaligen Zeit.

Die auswandernden Kolonisten, die Leibeigene waren, mussten bei ihrer Grundherrschaft auch um die Entlassung aus der Leibeigenschaft ansuchen. Gewährte die Herrschaft die Entlassung, so wurde dem Freigesprochenen auch eine Urkunde – Mannumissionsschein genannt – eingehändigt. Fast ein jeder Kolonist, Mann wie Frau, brachte ein solches Dokument mit sich. Der Text eines solchen Schriftstückes wird in der Folge nach der Freilassungsurkunde der Marian Wasmer wiedergegeben; das Original befindet sich im Badischen Generallandesarchiv Karlsruhe und hat nach Angaben des Herrn Professor Lotz folgenden Wortlaut:

„Von Gottes Gnaden Wir Martinus, des heiligen Röm. Reichs Fürst und Abbt des Fürstl. Reichs-Stifts St. Blasien auf dem Schwarzwald, Herr deren Reichs- und V. Qu. Herrschaften, Bonndorf, Staufen und Kirchhofen auch zu Curtweil und Oberried x. Sr. Röm. kaysl. zu Hungarn und Böheim königl. Apostol. Majestät etc. etc. Erb-Erz-Hof-Kaplan in den Vorderösterreichischen Landen, wie auch eines daselbig Löbl. Prälaten-Standes Präsident Urkunden hiemit, daß Vorweifer dieses Marian Maßmer von Heü-Beren gebürtig, der Leib-Eigenschaft, mit welcher Uns Sye bis anhero beygethan gewesen, loß und ledig gezehlet haben, dergestalten nun also, daß Sye nunmehro ausgedacht-Unserer Herrschaft ziehen, anderer Herren und Obrigkeit Schutz, Schirm und Bürgerrecht annehmen, Gelegenheit suchen, und anderwärts machen möge ohngehindert männiglich. Inmassen Wir uns des zuvor an Sie gelobten Rechts hiemit gänzlich begeben und verzeyen, alles nach Landes-Gebrauch und Rechten getraulich, und ohne Gefehrde; dessen zur wahrer Urkund haben Wir gegenwärtigen Mannumissions-Schein mit unserem Fürstlichen-Insingel corrobiren und bestättigen lassen. So Beschehen in Unserem Fürstl. Reichs-Stüft St. Blasien den 17. April 1752.
Landes-Siegel. Unterschrift.“

Die Verfassung des Urbariums

Im Jahre 1772 hat Kaiserin Maria Theresia das Urbarium in den deutschen Ansiedlungen in der Bačka als Gesetz in Kraft gesetzt. Das Wort Urbarium wird von urbar abgeleitet, und heißt soviel wie anbaufähig und fruchtbar. Als Hauptwort bedeutet es ein Grundstück zu dem auch eine Wiese oder Waldung gehörte. Das Urbarium Maria Theresias von 1775 ist ein Beleg dafür, wie landesmütterlich die Kaiserin für das Wohlergehen des Bauernstandes Sorge trug. Im siebenten Punkt des Urbariums wurden, um die materielle Notlage des Bauern zu bessern, alle gesetzwidrig geforderten Naturalabgaben und Gelder vollständig aufgehoben, und zwar Verlassenschafts-Inventurs- und Teilungstaxen, Laudemien, Quern-Brief-Taxen, Testament und Federzehend, Groschen, Quartier-Husaren- und Mundierungsgeld, sowie Zetl-Preß-Hühner- und Sichelgeld u. a.

Die erwähnten aufgehobenen Taxen und Gelder lassen uns ahnen, welche Übertretungen seitens der Grundherren möglich waren und welche Sekkaturen der bis aufs Blut ausgesaugte Bauer vor 1772 zu erleiden hatte. Aber nicht nur vor der Willkür der adeligen Grundherren, sondern auch gegen die Erpressungen der herrschaftlichen Trabanten, Jäger und Verwalter wollte die Kaiserin die wehrlosen Bauern schützen.

In besonders ziemlich vielen Akten des Komitatsarchivs aus der Vorurbarialzeit beklagen sich die einzelnen Gemeinden bei der Komitatsbehörde über die grenzenlose Ausnützung und die despotischen Schikanen, die ihnen seitens der Kammeralverwaltung zugestoßen wären. Es sollen einige erbärmliche bäuerliche Zustände der damaligen Zeit hier angeführt werden: Die Untertanen mussten zur Erntezeit vor allem den Schnitt auf den Herrschaftsfeldern verrichten: sie bekamen zwar einen kleinen Schnitterlohn, verloren aber die kostbarste Zeit. Obendrein wurden sie sogar gezwungen, die Felder des Kameralverwalters unentgeltlich abzuernten. Sehr selten hatten sie und ihr gequältes Vieh Ruhe. Bald mussten sie Weizen nach der viele Meilen weit gelegenen Schiffsstation führen, bald von Srem Wein und Brantwein für die Herrschaftswirtshäuser holen. Beim Abführen vom Neuntel und Zehntel wurden sie durch falsches Abwägen betrogen. Die Herrschafts-Panduren, die wahre Leuteschinder waren, behandelten die unglücklichen Untertanen mit unsäglicher Rohheit.

Um diesem und anderen Unfug ein Ende zu bereiten, ließ die Kaiserin Maria Theresia am 16. Juni 1766 den folgenden überaus wichtigen Beschluss ergehen:

Wir, Marla Theresia von Gottes Gnaden verwittibte Römische Kaiserin, apostol. Königin zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Kroatien, Slavonien etc. etc. Erzherzogin zu Österreich, Herzogin von Burgund zu Steyer, Kärnten, Krain und Würtemberg; gefürstete Gräfin zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyrol und zu Görz, etc. etc.

Urkunden hiemit jedermänniglich, denen zu wisslen nötig, daß nach deme Wir vernommen, daß die herrschaftlichen Gaben, und Dienstbarkeiten sowohl in denen gewöhnlichen Robotten, als auch andererweitgebührenden Zinsen, durch einiger Herrschaften, und privat Grund-Herren Unterthanen ihre Schuldigkeiten, noch zu gehörigen Stunden, noch zu vorgeschriebener Zeit schuldiger massen verrichten, oder auch gänzlich hindanlaßen; ja vielmehr einige mehr Verwegene, aus irriger Meinung, und nichtswürdiger Hoffnung straflos zu bleiben, sich zusammensotten, und untereinander, dass sie ihren Grund-Herren keine Gehorsam leisten sollen, verabreden, auch andere mehrere, und dem gemeinsamen Wesen schädliche, folglich strafmäßige Exessen begehen. Und obwohlen Wir allergnädigst wollen, daß der Unterthan von aller Unterdrückung, nach denen Landes-Gesätzen, durch die Beamte deren Gespannschaften auf alle Art und Weise vertheitigt werden solle, auch zu diesem Ziele und End die Urbarien zu verfassfen, solch zu unserer allerhöchsten Einsicht einzusenden anbefohlen. So ist es doch Uns weit entfernt, dadurch denen wieder das harte Fürgehen deren Grundherrn und ihren Beamten, klagenden Unterthanen, einen Weeg zur Ausübung deren Gewalttätigleit zu bahnen, und zu eröffnen, sondern vielmehr ist Unser gänzlicher Wille und gnädigster Wille, daß alles ruhig in seiner gehörigen Ordnung, nach Maaß der Billig- und Gerechtigkeit geschehe und sonach jenes, was von Uns allergnätigst resolvieret, wird, beiderseits genau beobachtet werde, auch jetzt dies Unser Willen ist, und es zu beschehen anbefohlen.

Dannenhero wann sich jemand deren Unterthanen wider dieser Unsere ausdrückliche, und ernstliche Befehle, so Wir zu jedermänniglicher Wissenschaft kund zu machen verordnen, erwindete, und gelüsten ließe zu Handeln, und durch blinde Vermessenheit gezohen über das obangeführte, und andere dergleichen zu schreiten, so wollen Wir, daß nach Erheischung seines größeren, oder minderen Verbrechens mit fünf-zehn-jähriger oder auch ewiger Gefangenschaft, ja gar nach Umstand, mit der Todesstrafe solle belegt werden.

An euch also dero sämtlichen Marktftecken, und Dorfschaften bestellte Richter, und Geschworene insgesammt, als auch an alle alle Insassen dieser Gespanschaft ins besondere ergehet dieß Unser allergnädigstes Patent, und ernstlicher Befehl, daß ihr von nun an sowohl dem Komitats-Magistrat, der euch hin und Wiederum in allen gerechten und erlaubten Sachen schützen, und der ohne dieß mit jenem Ansehen und Gewalt, so ihme sowohl die Gesätze, als auch Wir entheilet, alles zu eueren, und des gemeinschaftlichen Nutzen befördern, und verordnen. etc. etc.
L. S.
Maria Theresia
Graf Franz Esterhazy m. p.
Josef Jablanczy m. p.

Dritter Punkt des Urbariums

Roboten und Dienste der Untertanen

§ I. Jeglicher ganz Ansäßiger ist schuldig seinem Grundherren in jeder Woche durch einen Tag von Sonnen-Aufgang bis Sonnen-Untergang mit Innbegriff des Hingangs und Zurückgangs, mit Ausnahm jedoch deren zur Fütterung und zur Tränkung des Zugviehs erforderliche Stunden mit zwey Zug Vieh eigenen Wagen zu der Zeit des Ackhers-bau aber mit Vier-zug Vieh eigener Egge und Pflug zu dienen, wann aber ein Unterthan etwas bey eigenes Vier-zug Viehes ermanglung auf ob-berührte Arth das ackhern nicht verrichten könnte, so soll ein solcher unterthan mit einem anderen zusam-spanend eines Tages Ackergebühr durch zwey Täge verrichten.

§ V. Zur Zeit des Heumachens, und des Schnitts wird sowohl die Hand- und Zugroboth doppelt gefordert werden können, so jedoch hiernach auf andere Wochen abzurechnen sein wird.

§ VIII. Ein jeder behauster Inwohner ist schuldig seinem Grundherren jährlich 18 Tage, der unbehauste (ohne Haus) hingegen und durch 12 Tage die Handroboth zu verrichten. (Dieser § bezieht sich auf jene, die kein Feld besitzen).

§ XV. Der Unterthan foll sowohl das Neuntel, wo er solches in Natura entrichtet, als auch das Bergrecht an das ihm in dem Bezirk seiner gesamelten Fechsung durch die Grundherrschaft anweisenden Orth ohne eine Robothsanrechnung zu führen schuldig seyn, all andere Einführen der Zehendfüchten oder der eigenherrschaftlicher Fechsung, und übrigen Fuhren, und Gespann hingegen, sie mögen in der Grundherrschaft, oder der Beamten eigenen, oder in allgemeinen Vorfallenheiten vorkommen, wie dann auch das Brieftragen oder all andere Arbeit, von was Gattung sie immer seye, so bald fie in diesem, oder anderen Punkten nicht benennent ist, wird in die vorgeschriebene Urbarial-Roboth eingerechnet werden müßen.

Vierter Punkt des Urabariums

Von den Abgaben und übrigen Anlagen.

§ I. Jeder behauster Unterthan, und Inwohner ohne Ausnahm ist schuldig seiner Grundherrschaft jährlich einen Gulden Zins in zwey Fristen, nämlich auf St. Georgi, und St. Michelisfeft zu entrichten, wogegen alle unbehauste Inwohner von der Zahlung dieses Zinses befreyt seynd.

§ II. Ein jeder ganz ansaßiger Bauer hat seinem Grundherren jährlich zu entrichten: zwei Hünel, zwey Kapaunen, zwölf Eyer, eine halbe Maaß Schmalz, und also nach billiger Abtheilung die halbe, Viertl oder Achtel Ansäßigkeiten.

Es soll hier erwähnt werden daß in der unmittelbarer Nähe von Palanka vor hundert Jahren so eine Grundherrschaft gab welche von den Landwirten die ein Viertel Feld (10 Joch) besaßen folgende Abgaben an die Herrschaft jährlich zu leisten hatten, zwei halbjährige Schweine, zwei Gänse, zwei Enten, fünf Hühner, zwanzig Eier, einen neuen Sack, fünf Besen und zwei Pfund Schmalz wie auch zwei Halbe Repsöl für Lichtbrennen.

§ III. Nebst diesen obbesagten Gaben werden jede dreysig (30) ganz Ansäßigkeiten zusammen das Jahr hindurch einmal ein Kalb, oder statt desselben 1 Gulden 30 Kreuzer abzuführen haben.

§ IV. Außer deme wird auch jeder Bauer bey vorkommender Verehligung seines Grundherren, oder Grundfrauen (keiner Dingen aber bey Verehligung derenselben Söhne, oder Töchter) wie nicht minder bei Gelegenheit der geistlichen Primizien (die Capituln und Conventen jedoch ausgeschlossfen) feines Grundherren einen mäßigen Beitrag, und zwar an denen in obgedachten §-pho. 2 do. bemerkten Viktualien nach unter billiger Abtheilung deren halben, Viertel- oder Acht-Ansäßigkeiten beysteyern schuldig seyn.

§ V. Es wird jedoch der Auswahl des Grundherrn überlassen, ob selber obgedachte Viktualien oder diesen Hochzeyts- und Primizien-Beytrag in Natura oder aber statt dessen das auf 48 Kreuzer von jeder ganzen Ansäßigkeit bestimmte Äquivalent, und so nach billiger Abtheilung auch von denen übrigen nehmen wolle.

§ VII. Für einen Brandweinkessel, wann der Unterthan solche wirklich gebrauchte, wird selber seinem Grundherrn jährlich zwey Gulden entrichten.

Fünfter Punkt des Urabariums

Von dem Neuntl und dem Bergrecht.

§ I. Von allen Erdgewächsen, desgleichen auch von denen im nämlichen Jahr erzeigten Lämmern, Kitzeln und Bienenstöcken hat der Unterthan das Neuntl in Natura zu entrichten, welches jedoch von selben weder im Geld gefordert, weder auch auf einige andere Gattungen erstreckt werden darf.

Wo aber obgesagte Lämmer, Kitzeln, oder Bienenstöcke die neunte Zahl nicht erreichen, da müssen dem Grundherrn für jedes Lamım vier, für jedes Kitzl drey Kreuzer, und für jeden Bienenstock sechs Kreuzer abgeführt werden.

§ IV. Ein jeder ganz ansäßige Bauer wird entweder von seinem erzeugenden Hanf und Flachs das Neuntl, oder aber statt dessen 6 Pfund (3 Kilo) Gespunnst (gesponnenes Garn) aus herrschaftlichen Hanf oder Flachs, und so auch das Viertl- Halb- und Achtl-Ansäßige unter billiger Abtheilung abzustatten haben.

§ VI. Wo das Neuntl von dem Wein entrichtet wird, dort ist solches von der nämlichen Gattung, von welcher die ganze Fechsung abgemessen ist, richtig, und ohne einige Übermaß oder Aufgab abzunehmen, und sowohl bey dem Neuntl als bei dem Bergrecht keine andere, als die auf 32 Maß 56 Liter gerechneter Preßburger Eimer zu gebrauchen.

Es ist vorgekommen, dass zur Zeit der deutschen Ansiedlung und auch noch eine geraume Zeit hernach in der Bačka soviel herrenloses Feld vorhanden war, dass jedem einzelnen Bauer, wie auch einer jeden Gemeinde genug Ackerfeld, Wiese und Hutweide zugeteilt werden konnte, oft sogar mehr als die Ansiedler wünschten und bearbeiten konnten. Es sind sogar Fälle bekannt, dass die Ansiedler den ausgesteckten Hotter im geheimen selbst verkleinerten. So berichtet z. B. Pfarrer Guftav Adolf Famler in seinem wertvollen Heimatbuch „Torscha und seine Ansiedlung“ „Der ganze Hotter wurde mit Stangen und Pfählen abgesteckt, an die Stangen wurden Strohwische gesteckt. Da hat es sich dan zugetragen, daß so manchem unter den Ansiedlern der Hotter etwas zu groß sein dünkte. Da gingen sie zur nächtlichen Zeit hinaus und trugen die ausgesteckten Stangen mit den Strohwischen um etliche hundert Klafter näher zum Dorf.“ (Seite 74. Das Burch erschien 1884 in der Novisad Druckerei Pajevitsch.)

Das viele brachliegende, mit Disteln und Gestrüpp verwilderte Feld bildete allerdings auch einen idealen Unterschlupf für die wilden Tiere. Bei der Ansiedlung gab es hier in der Backa, welche auch sehr bewaldet gewesen war, viele Wölfe, Bären, Wildeber wie auch zu Anfang Hyänen, die durch die zahllosen Leichen aus den vielen Schlachten auf diesem Boden angezogen wurden. Zur Ausrottung dieser wilden Tiere setzten die Herrschaften Prämien aus und die für Menschen und Haustiere sehr gefährlichen Bestien wurden ausgerottet. Wölfe gab es in den 1860er-Jahren noch mehrere, und zwar besonders, wenn in einem strengen Winter die Donau zugefroren gewesen war. Dann kamen sie rudelweise aus den alten großen syrmischen Waldungen nach der Backa und wurden hier für Menschen und Haustiere gefährlich.

Um diese Zeit setzte die Regierung für die Erlegung eines Wolfes drei Gulden, für eine Wölfin fünf Gulden aus, die derjenige Wolfs-Jäger bekam der zwei abgeschnittene Ohren des Wolfes zum Gemeindehaus brachte. Die Wölfinnen hatten kürzere und mehr abgerundete Ohren, während der Wolf längere spitze Ohren hatte.

Besonders zur Zeit der Ansiedlung standen die Kolonistenhäuser ganz frei ohne Zaunumfang, da war es im Winter den Wölfen gelegen, die Schweine, Schafe und auch Pferde und Kühe anzufallen und zu reißen. Besonders gefährlich war der Wolf und Bär im Winter, wenn die Erde mit einer dichten Schneedecke bedeckt war – dann griffen diese Bestien auch Menschen an und viele der Ansiedler wurden von ihnen überfallen und getötet.

Aus alldem kann man sich einen Begriff machen, welchen Gefahren unsere Ahnen bei der Ansiedlung ausgesetzt gewesen sind. Die Gefahren der wilden Tiere, die Gefahren der vielen Seuchen, die in verschiedenen Krankheiten, wie Sumpffieber, Typhus, Ruhr, Cholera, Pest und andere ausarteten, wodurch viele Einwandererfamilien gänzlich ausgestorben sind. Auch gab es die Gefahren des Räuberunwesens, denen viele Ansiedler zum Opfer gefallen sind.

Dann gab es die großen Schikanen und Stockstreiche von Seiten der Grundherrschaften. Trotz der strengen Verordnung, die die Kaiserin Maria Theresia und später Josef der II. ergehen ließen, in denen der Schutz und die gute Behandlung der Ansiedler angekündigt war, machten doch die Beamten und Panduren willkürlich was sie wollten. Der Bauer musste von Woche zu Woche immer mehr mit Pferd und Wagen Robott machen, als in der Verordnung vorgeschrieben war, er musste sich selbst einen Knecht halten für die Herrschaft, besonders wenn er sich mehrere Joch Feld schon angeworben hatte. Und erschien der Knecht nicht pünktlich oder wenn er durch wichtige Gründe einen Tag, wann „befohlen war“, ausblieb, so bekam der Herr des Knechtes Sonntags vor der Kirche nach dem Hochamte 10–25 Stockstreiche von den Panduren.

So kam es, dass in Futog ein Bauer mit dem Namen Jochimsthal einem Nachbarn ein Viertel-Feld (zehn Joch) ohne Zahlung übergab, damit er von den vielen Robotten einmal befreit war. Der Übernehmer des Feldes bekam noch eine Maß Branntwein vom Jochimsthal, weil er das Feld übernahm.

Die Bauern waren nach wie vor die Sklaven der Grundherren, die gezwungen waren, zuerst die Arbeit der Herrschaft am Feld fertig zu bringen, während sie ihre Arbeiten bei Einheimsung der Fechsung oft erst dann verrichten konnten, wenn der Schnee die Fluren zu bedecken drohte. Diese Schikanierung und Bauernfolterei nahm erst im Jahre 1848 ein Ende. Diese Revolutionszeit warf die Robott und die Leibeigenschaft in die alte Rumpelkammer, von wo sie wohl nicht mehr an das Tageslicht gelangen werden.

In seinem weiteren Verlauf erzählt das Buch von der Gründung der drei Gemeinden Starapalanka (Altpalanka, greift bis in die Völkerwanderung zurück), Nova-Palanka und Deutsch(Batschka)palanka, über die Kirchen, die Schulen, das Verkehrswesen, das Vereinswesen, die Wohltätigkeitsvereine, Handel und Industrie, Geldinstitute und Banken, das Gewerbe, Ärzte und Apotheken, Behörden und Katasterauszüge. Dessen hoher Detailierungsgrad übersteig das allgemeine Interesse speziell an Siedlerbewegungen. Nicht jedoch kann das Buch über das Ende der deutschen Besiedelung der Bačka berichten, da es im Jahr 1930 erschien. Dies sei im folgenden Kapitel nachgeholt.

Die weitere Geschichte

Auf dem jungen Kolonialland hatte sich ein buntes Mosaik vieler Völkerschaften herausgebildet. Natürlich haben alle ihren angemessenen Anteil an der Entwicklung des Landes, doch waren die Donauschwaben „in dieser vielstimmigen Völkerorgel durch Jahrhunderte der unentbehrliche Blasebalg“. In zielbewusster Arbeit von Jahrzehnten wurde das Land durch Kanäle entwässert und durch Straßen für den Verkehr erschlossen. Aus der Sumpf- und Steppenlandschaft wurde ein fruchtbares Land und Dutzende von Dörfern entstanden.

Allerdings waren – wie schon aus den oberen Kapiteln hervorgeht – auch die Rückschläge groß. Viele Kolonisten starben schon in den ersten Jahren, andere flüchteten, als sie sich in ihren glänzenden Erwartungen getäuscht sahen. Erst die zweite oder dritte Kolonistengeneration konnte die Frucht unsäglicher Mühe ernten, so wie es ein Kolonistensprichwort aussagt: „Der erste hat den Tod, der zweite hat die Not, der dritte hat das Brot“.

Unter Joseph II. nahm der Zustrom deutscher Siedler nach Ungarn trotz seiner Förderung ab. Die neuen Provinzen Galizien und Bukowina zogen nun die Auswanderer an und 1786 wurde die Staatskolonisation in Ungarn eingestellt.

Aber nicht nur das: Die zentralisitische Politik Josephs II. hatte dazu beigetragen, die schlummernden nationalen Bestrebungen der Donauvölker zu wecken. Schließlich erschütterten das Revolutionsjahr 1848 und der österreichisch-ungarische Ausgleich das Gesamtgefüge und die Habsburger Monarchie wurde in den Strudel der entstehenden Nationalstaaten gezogen.

Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie 1918 wurden die Siedlungsgebiete der Donauschwaben im ehemaligen Österreich-Ungarn durch die alliierten Mächte getrennt: Gemäß des Vertrages von Trianon 1920 verblieb ein Teil bei Ungarn, ein anderer kam zu Rumänien und der größte Anteil – inklusive der südlichen Batschka – fiel an das neu gegründete Jugoslawien. Die Donauschwaben hatten nun um die rechtliche Gleichstellung als Staatsbürger und um die Erhaltung ihrer kulturellen Traditionen zu kämpfen.

Mit der Besetzung des Königreiches Jugoslawien durch die deutsche Wehrmacht 1941 wurde die südliche Batschka wieder Ungarn angegliedert, doch nach Kriegsende wurden die Staatsgrenzen gemäß des Vertrages von Trianon wiederhergestellt. Die Evakuierungen von Volksdeutschen aus der Batschka und dem Banat begannen zu spät, viele blieben zurück, als die deutschen Truppen den Rückzug antraten.

Die nach dem Einmarsch der Roten Armee und der nachrückenden Partisaneneinheiten in Jugoslawien verbliebenen etwa 160.000 – 200.000 Volksdeutschen wurden enteignet und großteils interniert: Zentralarbeitslager für arbeitsfähige Männer, Ortslager für die Bevölkerung ganzer Ortschaften und Internierungslager für Arbeitsunfähige, Frauen, Kinder und Ältere. Zehntausende starben an Unterernährung und Krankheiten. Nach einem Gutachten aus dem Jahr 2002 kamen in den Lagern rd. 60.000 Donauschwaben um, darunter über 5.000 Kinder. 1940 hatten in Jugoslawien circa 550.000 Donauschwaben gelebt, 1950 etwa 75.000 und 1980 etwa 50.000. Das ehemalige Siedlungsgebiet der Donauschwaben in Jugoslawien wurde mit der Zeit durch Menschen aus ärmeren Regionen der Volksrepublik Jugoslawien besiedelt.

Quellen:
Hepp, Nikolaus: 150 Jahre Bačka Palanka. Die Geschichte der Deutschen Ansiedlung der drei Schwestergemeinden Palanka bis zur Gegenwart. Gewidmet der 150-jährigen Jubiläumsfeier der Ansiedlung der Gemeinde Bačka-Palanka. Nachdruck der Ausgabe aus 1930
Leuttenbacher Heimatblätter 1-97

Übertragen von hojos
im Mai 2025