Wasser für Schönbrunn
Auszug aus der Schönbrunner Chronik von Josef Glaser, 3. Auflage 1983
29.01.2025
Josef Glaser war von 1952 bis 1956 Leiter des Tiergartens Schönbrunn und dann Schlosshauptmann von Schönbrunn. Mit seiner 1969 veröffentlichten Chronik von Schönbrunn hat er versucht, Lücken in der umfangreichen Literatur über Schönbrunn zu schließen und darüber hinaus einen profunden Gesamtüberblick zu geben. Er tat dies unter Verwendung von Archivalien und von Belegstellen in der vorhandenen Literatur, insbesondere der Untersuchungen von Oskar Raschauer, siehe dazu die Literaturliste auf dieser Plattform. Damit entstand ein geschlossener, vier Jahrhunderte umspannender Überblick über die Bau- und Wohngeschichte Schönbrunns unter weitgehender Ausklammerung kunstgeschichtlicher Aspekte.
Diese von der Schlosshauptmannschaft Schönbrunn herausgegebene Chronik wurde in den folgenden Jahren in aktualisierter Weise mehrmals neu aufgelegt, die hier zugrunde liegende dritte Auflage im Jahr 1983.
Für diesen Beitrag habe ich mich – als Literaturquelle für ein diesbezügliches zu verfassendes Kapitel in einem Hietzing-Buch – auf die in dem Werk enthaltenen Informationen über die Wasserversorgung Schönbrunns beschränkt. Diese ist ab Seite 104 zusammenhängend beschrieben und wird in der Folge vollinhaltlich wiedergegeben.
Beginn der Textstelle:
Zu den erwähnenswerten Objekten des Schönbrunner Parks gehören auch die ausgedehnten, allerdings nicht immer sichtbaren Nutzwasserleitungen. Denn von Anfang an ist die Wasserversorgung für Schönbrunn ein Problem gewesen. Wenn im Leibgedingbrief 1563 des Bürgermeisters Herm. BAYER von 2 Wassergräben und einem Wasserwerk berichtet wird, so dürfte diese Anlage nach Übernahme der Katterburg in den kaiserlichen Besitz für die Bewirtschaftung der in der Nähe des Ziergartens vermehrt angelegten Fischteiche nicht genügt haben, da 1575 von einem Mühlbach berichtet wird, der vom Auhof über Hütteldorf und Baumgarten am linksseitigen Ufer der Wien bis Hacking und nach Übersetzung der Wien über eine Holzrinne bis in die Katterburg geführt wurde. Dieser Mühlgraben ist später vom Lainzer Bach abgezweigt worden und wurde 1849 seines „abscheulichen Geruches“ wegen aufgelassen. Er führte, vom Hietzinger Platz kommend, durch den Kammergarten, speiste dort das Bassin, schwenkte dann in die Lichte Allee ab und mündete nach dem Meidlinger Tor in den Wienfluß.
Nach der Türkenbelagerung Wiens mußte 1685 für die Kaiserinwitwe ELEONORA MARIA nicht nur das zerstörte Schloß notdürftig adaptiert, sondern auch die geringer gewordene Wasserbringung vermehrt werden, wobei vermutlich ein neuer Graben in einer Länge von 200 Klaftern oberhalb Penzing über die Wien in den bestehenden Mühlgraben der Katterburg angelegt wurde. 1693 berichtet der Hofbauschreiber EINEDER, daß durch „Verfaulen des Mühlbachwehrs nächst der Hietzinger Kirche großer Mangel an Wasser erscheinen würde“ – ein Schaden, der trotz Widerstandes der Geistlichkeit doch behoben wurde.
Im Jahre 1698 brachte TREHET aus Paris, wohin ihn der Kaiser zwecks Studiums der dortigen Gärten gesandt hatte, das Modell einer Wassermaschine mit, „umb das Wasser der Kleinen Mühl in die Höhe zu treiben“. In den Katasterplänen vom Jahre 1819 ist ein Wasserwerk hinter der XAIPE-Villa – seit ihrer Errichtung 1793 in Privatbesitz – beim Meidlinger Tor eingetragen, die noch dem Modell von BREQUIN aus 1750 (Plan in der Albertina) entsprochen haben dürfte. Sie wurde wie alle Maschinen dieser Art mit Ochsen oder Pferden betrieben und sollte in 24 Stunden ca. 540 m3 Wasser über 40 m hoch heben.
Jedenfalls benötigte man für die geplanten Fontänen bei der Neuanlage des Gartens durch TREHET mehr Wasser, als der Mühlbach und die vorhandenen Brunnen liefern konnten, weshalb in den Jahren 1702/06 eine neue Wasserleitung verlegt werden sollte, für die 6000 Klafter (rd. 11.000 m) Holzrohre aus Schwarzföhren oder Lärchen beantragt wurden. Leider hat der mit der Ausführung dieser Arbeiten beauftragte Kammerdiener- und Hofoptikus J.B.BENZ bei seiner Eingabe weder den Ort der Quellen noch den Lauf der Leitung selbst angegeben. Da diese Wasserleitung auch später nicht mehr erwähnt wird, ist die Zeit ihrer Auflassung nicht bekannt, sofern sie überhaupt bestanden hat.
1730 beschreibt KÜCHELBECKER in seinen „Allerneuesten Nachrichten“ eine stabile Feuermaschine im Schwarzenbergpark, die das Wasser in den Fontänen 75 Fuß (ca. 25 m) hoch treiben und in 24 Stunden 11.880 Eimer (ca. 630 m3) Wasser in einem Reservoir aufspeichern konnte. Angeblich wollte man in Schönbrunn eine solche Maschine aufstellen, um das damals noch reichlichere Wasser des Wienflusses in einen „auf der Höhe“ gelegenen Teich zu heben. Welcher Teich damals gemeint sein konnte, ist auch nicht mehr festzustellen, da in den vor 1780 zu datierenden Lageplänen ein solcher auf der Höhe nirgends aufscheint.
Dagegen sind in dem Plan von BOOS aus 1780 die beiden Glorietteteiche ersichtlich, allerdings der hintere Teich in einer anderen Form als heute. Er war damals auch nur geplant, denn ausgeführt wurde er erst im Jahre 1875, also fast 100 Jahre später).
Der vordere Glorietteteich ist um 1776 entstanden, als der Gärtner van der SCHOT – auf den MARIA THERESIA und ihr Sohn JOSEPH sehr vertrauten – ein großes Reservoir im Lainzer Tiergarten errichtete, um den Wassermangel „ein für allemal“ – wie er sich ausdrückte – zu beheben. Von dort leitete er das gesammelte Regenwasser auf den Gipfel des Schönbrunner Berges in die „2 Behältnisse, von denen eines unter der Gloriette und das andere nicht weit davon rechts in dem Wäldchen, welches den Fischteich ausmacht, vorhanden sind“. Ob mit diesem letztgenannten der von KÜCHELBECKER erwähnte „Teich auf der Höhe“ identisch ist, läßt sich nicht feststellen. Wahrscheinlich ist aber bei OEHLER unter dem „Fischteich“ der unter dem Namen „Schwarze Lacke“ bekannte Naturteich im Großen Fasangarten anzunehmen.
Die aus dem Lainzer Tiergarten kommende Wasserleitung ist ungefähr 4.300 m lang und führt längs der Hermesstraße, Feldkellergasse und Hetzendorfer Straße zur Kernbrücke, überquert dort die Verbindungsbahn und führt weiter über die Klimtgasse durch die Maria Theresien-Kaserne zu den Glorietteteichen. Im Jahre 1846 wurde zur Verstärkung der Wasserbringung in der Nähe des 1. Teiches ein 2. Reservoir im Lainzer Tiergarten mit einem separaten Rohrstrang angelegt, der ziemlich parallel mit der erstverlegten Rohrleitung verläuft. Beide Wasserleitungen blieben bis 1963 in Betrieb, mussten dann aber endgültig aufgelassen werden, da die Zubringerbäche im Lainzer Tiergarten mehr und mehr versiegten und damit der Wasserzulauf immer geringer geworden war.
Neben der Lainzer Tiergartenleitung bestanden bis in die 80er Jahre des vorigen Jh.s noch 4 Wasserleitungen, die Schönbrunn mit Nutzwasser versorgten. Als älteste von ihnen ist die Hofküchenwasserleitung anzusehen, die ihren Ursprung im Bereich des Fuchsenfeldes hatte und in der Richtung der heutigen Rauchgasse und Tivoligasse zum Meidlinger Tor führte. Dort traf sie mit der Grünbergwasserleitung zusammen, deren Brunnstube in nächster Nähe des Meidlinger Tores zwischen der Zenogasse und der Grünbergstraße lag.
Auf der Hietzinger Seite führte die Lainzer Wasserleitung – zum Unterschied von der Lainzer Tiergartenleitung – das Wasser aus dem Quellgebiet der heutigen Hofwiesengasse längs der Lainzer Straße um den Küniglberg herum durch die Tirolergasse in den Tiergarten Schönbrunn, während wieder die St. Veiter Wasserleitung ihren Ursprung in der Nähe des Ober St. Veiter Schlosses – eines ehemals kaiserlichen Besitzes – hatte und ungefähr längs der Auhofstraße zum Hietzinger Tor führte.
Nicht unmittelbar für Schönbrunn allein bestimmt war die nach dem Begründer der ALBERTINA Herzog ALBERT von SACHSEN-TESCHEN benannte Albertinische Wasserleitung, die aus der Gegend von Hütteldorf erstmals die südwestlichen Stadtteile Wiens (Gumpendorf, Mariahilf, Schottenfeld und Josefstadt) und auch Schönbrunn mit Trinkwasser versorgte. Sie besteht seit 1870 nicht mehr und ist nicht identisch mit der Wientalwasserleitung der Gemeinde Wien, die erst 1898 angelegt wurde und heute noch Nutzwasser aus dem künstlichen Reservoir bei Preßbaum liefert.
Mit Ausnahme der Grünbergwasserleitung, die erst 1916 aufgelassen wurde, sind alle übrigen Leitungen schon lange vor der Jahrhundertwende außer Betrieb gesetzt worden, als um 1870 Hochquellenwasser vom Rosenhügelreservoir zur Verfügung stand.
Allerdings ging der Wunsch, mit dem Anschluß an das städtische Rohrnetz dem Wassermangel für immer enthoben zu sein, wegen des rasant gestiegenen Wasserbedarfes der Stadt Wien in den folgenden Jahrzehnten nicht in Erfüllung, weshalb in Schönbrunn schon um die Jahrhundertwende die Eigenversorgung mit Nutzwasser, und zwar vorerst durch Anlegung von 6 großen Zisternen im alten Reservegarten und später durch Gewinnung des Grundwassers angestrebt werden mußte.
Seit 1929 liefern 4 Tiefbrunnen – innerhalb des Tiergartens gelegen – und seit 1953/54 und 1960/61 weitere 4 Tiefbrunnen im Bereich des Taubenhauses das benötigte Grundwasser in einer Menge von rd. 500.000 m3 im Jahr aus einer Tiefe von ca. 70 m, von wo es in die beiden Glorietteteiche gepumpt wird, deren Fassungsraum 19.000 und 6.000 m3 beträgt. 3 talwärts führende Falleitungen mit dem in der Ebene angeschlossenen weitverzweigten Rohrnetz – das in den Jahren 1955–1960 noch um mehr als 9 km erweitert wurde – versorgen die zahlreichen Hydranten für die Besprengung der Rasenanlagen sowie die 15 Teiche und Bassins, die Gewächshäuser beim Meidlinger Tor, das große Palmenhaus mit dem Sonnenuhrhaus und den gesamten Tiergarten mit Nutzwasser. Ein kleiner Rohrbrunnen mit einem Wasserreservoir an der Wirtschaftsstraße im Tiergarten ist schon in den Plänen AMANS ersichtlich und liefert seither noch zusätzlich einiges Wasser in das Rohrnetz der Nutzwasserleitung.