Wirbelsturm und Flächenbrand – Das Ende der Gentechnik

Das neue Buch von Klaus Faißner
20.09.2010

Ein schlankes Buch, doch schwer verträgliche Kost. Es sollte ein Warnhinweis vorangestellt werden: Diese Lektüre kann Ihr Gemüt beeinträchtigen, denn darin werden die Vorgänge rund um die Gentechnik kompakt, verständlich und umfassend dargestellt.

Klaus Faißner schreibt, dass

  • um die 95 % aller mit diesem Thema befassten Wissenschaftler für die Gentechnik-Industrie arbeiten, und die anderen mundtot gemacht werden
  • gentechnisch veränderte Produkte zugelassen werden, ohne dass es Studien zur Wirkung auf den Menschen gibt
  • Versuche und auch praktische Erfahrungen verheerende Auswirkungen gentechnisch veränderter Nahrungsmittel zeigen
  • die Gentechnik mangels ausreichender Kenntnisse und dilettantischer Methoden einem Tappen im Dunkel mit Zufallsergebnissen und unsicherem Ausgang gleicht
  • dass gentechnisch veränderte Pflanzen entgegen der eigentlichen Absicht mehr Gifteinsatz erfordern und schlechtere Erträge haben
  • dass ein Nebeneinander von gentechnischem, konventionellem und biologischem Anbau nicht möglich ist
  • die Gentechnikindustrie auch über die Schiene der Biospritproduktion die gentechnische Verschmutzung aller konventionellen Saaten betreibt und damit jede biologische Anbauweise unmöglich macht
  • jede gentechnische Veränderung, aber auch natürliche Züchtungen wie eine Erfindung patentiert werden können, mit kuriosen Auswirkungen, die den kleinen privaten Züchter knebeln
  • dass die Politik und die relevanten Organisationen bis hin zur FAO (die Landwirtschaftsorganisation der UNO) aus Dummheit, Feigheit oder wegen finanzieller Aspekte dazu schweigen
  • dass Obama-Regierung, EU-Kommission und so manche Massenmedien fest in der Hand der Gentechnik-Lobby sind.

Alles starker Tobak. Als kritischer Leser fragt man sich resümierend, ob Skrupellosigkeit, Korruption und Unverstand wirklich so weit fortgeschritten sein können, dass eine so offensichtlich verheerende Technik nur aus Geldgier aufrecht erhalten wird. Man fragt sich, ob Klaus Faißner übertreibt. Dass ausschließlich Gegner ernsthaft zu Wort kommen oder im Kapitel 7 "Treibstoff des Todes" das Elektroauto schon als für den Masseneinsatz tauglich erachtet wird, könnten solche Vermutungen nähren. Auch die an sich wunderbare Einschätzung, dass Bio die Welt ernähren kann, gehört angesichts der durch ungehemmten Erdöleinsatz massiv gewachsenen Erdbevölkerung stichhaltiger begründet. Hier spielt die konventionelle Landwirtschaft mit hohem Maschinen-, Dünger- und Spritzmitteleinsatz wohl noch eine erhebliche Rolle. (Zum Thema Elektroauto wird auf das Buch Raggam/Fleißner: "Zukunft ohne Öl – Lösungen für Verkehr, Wärme und Strom" verwiesen.)

Allerdings sind alle Argumente zur Gentechnik durch umfassende Literatur- bzw. Quellenhinweise belegt und sehr viele logisch nachvollziehbar. Auch zeigt die Beobachtung auf anderen Gebieten, dass das effektive Handeln aller relevanten Instanzen in der Tat auf eine Umklammerung durch Interessen oder andere bedenkliche Faktoren deutet: etwa im Zusammenhang mit dem Pandemiebegriff, den Impfaktionen, dem unreflektierten Einsatz biologisch bedenklicher Dämmstoffe, dem Dogma des ewigen Wirtschaftswachstums, der steuerlichen Begünstigung des Flugverkehrs usw.

Auch das Interview im Profil Nr. 38 vom 20. September 2010 mit der Trägerin des Alternativen Nobelpreises Vandana Shiva bestätigt, dass Faißner nicht übertreibt. Vandana Shiva beschreibt die gleichen Vorgänge und nennt die selben Namen (z. B. Monsanto). 200.000 indische Bauern haben wegen der damit verursachten Ausweglosigkeit Selbstmord begangen.

Im Buch wird der treffende Satz verwendet: "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf" (Goethe nachgesagt). Selbst die "Grünen" ziehen lieber mit anderen als den Umweltthemen in den Wahlkampf und dem umweltbewussten Wähler fehlen demokratische Alternativen. So gesehen scheint der prophetische Subtitel "Das Ende der Gentechnik" zu optimistisch.

Klaus Faißner weist aber auch auf die Berechtigung dieses Optimismus hin, indem er zeigt, dass Widerstand wirkt und dass uns die direkte Demokratie die Hoheit über die Lebensmittel zurückbringen kann. Der Gentechnikzug konnte bislang in Europa, Asien und Afrika aufgehalten werden, die Gentechnik-Anbauflächen gehen in Europa seit 2005 zurück, immer mehr Sparten setzen auf gentechnikfreie Fütterung (zuletzt die gesamte österreichische Milchwirtschaft), die Einführung von Genweizen wurde weltweit verhindert, etc. Was eine echte Demokratie bewirken kann, zeigt das Beispiel Schweiz. Dort wurde der kommerzielle Gentechnikanbau per Volksabstimmung verboten und wurde Gensoja aus den Futtermitteln verbannt.

Es ist zweifelsohne nicht  leicht, aus den vielen Stimmen zum Thema Gentechnik als Laie zu einer starken Überzeugung zu kommen. Ohne Zweifel ist das Thema aber Brandheiß und kann unsere Zukunft beeinflussen wie nur wenige andere. Jeder sollte sich daher damit beschäftigen und das vorliegende Buch ist dafür ein guter Einstieg. Es sollte in jedem Haushalt sein. Auf jeden Fall in jedem Ober St. Veiter Haushalt, schließlich ist der Autor Klaus Faißner ein Ober St. Veiter.

Abschließend noch einige, in dem Buch zitierte drastische Aussagen:

Prinz Charles  im Sommer 2008: Mit der Verbreitung der Gentechnik droht das "größte Umweltdesaster aller Zeiten". Übrigens eine Aussage, die er ständig erneuert.

Professor Ignacio H. Chapela: "Obwohl ein Drittel eines Jahrhunderts und mehr als 350 Milliarden Dollar in den Plunder investiert wurden, bleibt ein Wirbelsturm besser vorhersehbar und ein Flächenbrand besser kontrollierbar als gentechnisch veränderte Organismen. Inzwischen haben sie sich als katastrophales wirtschaftliches Vorhaben erwiesen, ganz zu schweigen von ihren Umwelt- und sozialen Auswirkungen."

Zu einer Kurzbiografie von Klaus Faißner kommen Sie HIER.

Quellen:
Klaus Faißner: Wirbelsturm und Flächenbrand – Das Ende der Gentechnik. Wien: im Eigenverlag, 2009.

hojos
20. September 2010