Das Faniteum

Militärisches Sperrgebiet von 1938 bis 1945
1938

In die folgende digitale Version sind keine Bilder eingefügt. Die von Herrn Ing. Popp verfasste Originalversion inklusive der Abbildungen kann HIER abgerufen werden (ca. 5 MB).

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung
1. Das Karmelitinnenkloster St. Josef „Faniteum“ - Bauphasen
2. Bescheid über bauliche Herstellungen für die „Fa. Eumig“ 1943
3. Eumig-Barackenlager im „Faniteum“
4. Errichtung von Betonfundamenten für Würzburg-Antennen
5. Tarnung des Areals „Faniteum“
6. Deutsche Funkmesstechnik im Zweiten Weltkrieg
7. Bescheid - Der „Löschteich“ 1944
8. Fa. Eumig - Chronik bis 1945
9. Fa. Eumig - Fertigungskennzeichen der Deutschen Wehrmacht
10. „militärische Geräte“ von Eumig
11. Seeminen
12. Das Magnetzündgerät – Minenzünder
13. Das Kriegsende im „Faniteum“
14. Zusammenfassung: Faniteum von 1938–1945


Einleitung

In Bezirkschroniken und speziellen Bezirksbüchern findet man keine Erklärung über das „militärische Sperrgebiet – Faniteum“.

In den Büchern von Helga Gibs - HIETZING „Zwischen gestern und morgen“ und von Gerhard Weissenbacher „In Hietzing gebaut“ findet man unter dem Kapitel „Faniteum“ in Bezug auf den „Zweiten Weltkrieg“ nur folgenden Wortlaut:

„1938 wurde es von der Deutschen Luftwaffe beschlagnahmt und blieb die ganzen Kriegsjahre über hermetisch abgeschlossen. 1945 zog zuerst die russische und dann die britische Besatzungsmacht ein.“

Es sind derzeit keine militärischen Aufzeichnungen über diese deutsche Wehrmachtseinrichtung im „Faniteum“ vorhanden. Recherchen ergaben aber, dass die Firma „EUMIG“ Laboratoriumsbarackenlager und Betonsockel für Messgeräte auf dem Areal 1943 herstellen lies bzw. vermutlich von der Fa. Kapsch übernahm. Bisher unveröffentlichtes Archivmaterial und Fotos der aufgefundenen M3 Zünder wurden in diese prov. Dokumentation eingearbeitet.

Eine wesentliche Hilfe bei der Forschung bildete das Archiv der MA 37- Baupolizei. Unter der E.Z. 800 des Grundbuches Ober St. Veit, findet man ausgezeichnet strukturierte Unterlagen, beginnend von der Bauplaneinreichung 1894 über die Barackenanlage im WK II, das Gutachten des Denkmalschutzes - der den Abriss verhinderte, bis zum Zubau 1977.

Vielen Dank an den „Museumsverein - Unser Wiener Neudorf“ der im „Poyerhaus“, Hauptstraße 56 ein „Eumig - Museum“ geplant hat. Die fachkundigen Mitarbeiter Josef Stoik und Ing. Otto Pferschy haben wesentlichen Anteil an der historischen Aufarbeitung dieses Zeitabschnittes, durch Bereitstellung von authentischer Literatur.

Alle Fragen konnten nicht geklärt werden - so z.B. die Rolle der Firma Kapsch & Söhne als Erstbenützer - doch wurde ein wesentlicher ungeklärter Zeitabschnitt des „Faniteums“ im Dritten Reich dokumentarisch aufgearbeitet.

Hans F. Popp

1. Das Karmelitinnenkloster St. Josef „Faniteum“ - Bauphasen

Der Basler Architekt Emanuel La Roche erbaute 1894-96 für Karl Graf Lanckoronski das Faniteum. Während des Ersten Weltkrieges diente das Haus als Lazarett. 1938 wurde es von der deutschen Luftwaffe beschlagnahmt. Die Firma „EUMIG“ (KAPSCH) errichtete auf diesem Areal ein „Barackenlager“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es zunächst von russischen, dann von britischen Truppen besetzt. Das Haus wurde nach Plänen von Walter Hildebrand 1977 umgestaltet. Am 1.10.1977 weihte Kardinal Dr. Franz König das Kloster.

Abb.1: Lageplan mit Neubau (erste bis dritte Bauphase). Skizze: Gerhard Weissenbacher

Unter Einbeziehung der Umbauten (Zubauten) im zweiten Weltkrieg wurde das „Faniteum“ in drei Bauphasen umgestaltet.

1. Bauphase – nach den Plänen von La Roche erbaut
2. Bauphase - Zubauten für die „Fa. Eumig“ 1943 (Kapsch)
3. Bauphase - Umgestaltung (Neubau) durch Walter Hildebrand 1977


2. Bescheid über bauliche Herstellungen für die „Fa. Eumig“ 1943

Von der Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien Abt. G8 wurde am 20.11.1943 (nachträglich) ein Bescheid (Abt.G8-2136/43) über bauliche Herstellungen auf dem Areal „Faniteum“ ausgestellt.

Abb.2: Bescheid über bauliche Herstellungen

Es wurde genehmigt, dass am Nordflügel des Hauptobjektes anschließend eine
23,00m x 8,00m und eine 10,50m x 6,60m große Laboratoriumsbaracke errichtet wurde. In der ersteren wurden 3 kreisrunde, 2m im Durchmesser große Betonfundamente für Messgeräte hergestellt. Von der Erteilung einer Benützungsbewilligung wurde wegen der bereits erfolgten Fertigstellung der Herstellungen abstand genommen.

Interessant bei diesem Bescheid an die Fa. Eumig ist, dass es sich dabei um ein reines Verwaltungsverfahren handelte, d.h. keine Wehrmachtsdienststellen darin involviert waren!

Quelle: MA 37-Baupolizei Abt. G8-2136/43


3. Barackenlager im „Faniteum“

Das Barackenlager sollte nur vorübergehenden Zwecken dienen und hatte zufolge, dass man sich für den Aufbau und Zuweisung genormter Barackentypen in behelfsweiser Ausführung entschied. Verwendet wurde daher vermutlich ein Barackentyp, der bereits in der Luftnachrichtentruppen- Kaserne am Georgenberg in Mauer aufgestellt wurde.

Abb.3: Wien 23, Baracken in der Luftnachrichtentruppen-Kaserne am Georgenberg. Foto: Walter Huemer.
Abb.4: Vorderfront einer Barackentype

Das Barackenlager wurde nicht in Streuform am Areal errichtet, sondern es schloss sich harmonisch an den Altbau an bzw. die Laboratoriumsbaracke (mit den drei Betonsockeln), ließ durch die U-Form bereits einen Innenhof entstehen. Es wurden auch angrenzende Zugänge vom Barackenlager aus zum Faniteum geschaffen, um das Faniteum im Wirtschafts- und Versorgungsbereich zu integrieren (siehe Bauplan der Barackenanlage).

Abb.5: Einreichplan für ein Barackenlager. Quelle: MA 37-Baupolizei Abt. G8-2136/43


4. Errichtung von Betonfundamenten

Die drei Betonfundamente (Abb.6) in der „Laboratoriumsbaracke“ dienten als Sockel für die Funkmessgeräte (FuMG) Würzburg der Firmen Lorenz und Telefunken.

Typen:
FuMG 62A „Würzburg“ = FuMG 39T
FuMG 62C „Würzburg“ seit 1940 bei der Truppe
FuMG 62D „Würzburg“ seit 1942 bei der Truppe
FuMG 65 „Würzburg – Riese“ seit 1943 bei der Truppe.

Interessant dabei ist, dass im Baubescheid 1943 tatsächlich die Betonfundamente für Messgeräte (tatsächlich – Funkmessgeräte) als Verwendungszweck lt. EUMIG angegeben wurde. Da die FuMG 62A bis 62D einen Parabolspiegel von 3m Durchmesser hatten, konnten sie knapp aber doch in der Baracke untergebracht werden.(Barackenhöhe 3,35m). Außerdem sprechen Zeitzeugen von der Stationierung der Würzburg – Radaranlagen.

Abb.6: Betonfundament des FuMG - Würzburg

Das FuMG - Würzburg - Riese konnte bei einer solchen Raumhöhe nicht aufgestellt werden, da allein der Parabolspiegel einen Durchmesser von 7,4m hatte.


5. Tarnung des Areals „Faniteum“

Um das Faniteum gegenüber der Luftaufklärung der Alliierten zu schützen, wurden die militärischen Objekte und das Areal getarnt. Diese Tarnung umfasste:

• Die Einfriedungsmauer

Auf der Mauer wurden Fenster, Türen und Flächenabschnitte in verschiedenen Farben aufgetragen (Abb.7).

• Der Barackenzubau passte sich harmonisch der Bauform des Faniteums an. (Abb. 5) Einzelbauten wurden nicht auf dem Areal aufgestellt.

• Die Barackenanlage war nur vom Hanschweg aus sichtbar. Das Faniteum deckte an der Ostseite (Wienblick) die niederen Barackenbauten ab.

• Die Funkmessgeräte - Parabolspiegeln (FuMG) wurden auf Betonsockeln im Barackengebäude montiert und waren somit für die Luftaufklärung nicht sichtbar.

Abb.7: Tarnanstrich auf der Einfriedungsmauer. Foto: Berger- Ober St. Veit


5.1. Attrappen der Luftwaffe

Um den Gegner zu täuschen, wurden oft so genannte Scheinflugplätze samt Zubehör angelegt. Flugzeugattrappen wurden entlang den Startbahnen platziert, ja sogar automatische Seilzuganlagen installiert, um die Attrappen zum Scheinstart zu ziehen.

Einzelne Hanger wurden der Umgebung durch Umgestaltung angepasst und markante Plätze in Großstädten wurden mit Tarnnetzen überzogen, um die Aufklärung des Gegners in die Irre zu leiten. Cirka 8 km in der Nähe des Luftwaffen Stützpunktes Gilze-Rijen wurde ein Scheinflugplatz angelegt, welcher viermal vom Feind bombardiert wurde. Aber dann hatte die R.A.F. Aufklärung Lunte gerochen, denn beim nächsten Angriff wurde zur Ironie der Scheinflugplatz mit Holzbomben

Ein Hanger in Lille-Nord ähnelt mit aufgesetzten Attrappendächern und aufgepinselten Türen und Fenstern einem großen Bauernhof (Abb.7a und 7b)

Abb.7a: Attrappenhangar vgl. Mauer des Faniteums
Abb.7b: Komplette Hallentore wurden als Stadtbild umgepinselt
Quelle : www.luftarchiv.de - sonstiges Gerät/Attrappenbauten


6. Deutsche Funkmesstechnik im Zweiten Weltkrieg

Zeitzeugen und Planunterlagen dokumentieren den Standort von „Würzburg- Antennen“. Da „Eumig“ als Rüstungsauftrag Sende – und Empfangsanlagen für die Marine bzw. Tornister – Sende – und Empfangsgeräte für das Heer (in Montage-fertigung) produzierte, so könnten diese Antennen für Versuchs-, bzw. Entwicklungszwecke errichtet worden sein. Da der direkte Verwendungszweck dieser „Würzburg – Antennen“ nicht nachvollzogen werden kann, wird im folgenden Beitrag der Stand der Technik in diesem Zeitabschnitt aufgezeigt.

Die Entwicklung der deutschen Funkmesstechnik in den Jahren vor und insbesondere während des Zweiten Weltkrieges war in vielerlei Hinsicht von äußeren und nichttechnischen Einflüssen geprägt. Die politische Führung jener Epoche zeigte nur sehr begrenztes Interesse für die Möglichkeiten, die Radar bot. In Anbetracht der ungünstigen Randbedingungen, unter denen die deutschen Ingenieure gezwungen waren zu arbeiten, müssen ihre fundamentalen und weitsichtigen Errungenschaften umso mehr gewürdigt werden. Im folgenden Beitrag sollen einige repräsentative Schrittmacher der Radartechnik vorgestellt werden. Das Funkmessgerät "Würzburg Riese" war eines der wichtigsten Radargeräte der Reichsluftverteidigung jener Zeit. Es wurde in vielen Bereichen eingesetzt, diente aber in erster Linie als Jägerleitradar.

Im März 1939 stellte TELEFUNKEN das Flakzielgerät Würzburg A (Abb.8 und Abb.9) mit seiner charakteristischen Parabol - Reflektorantenne vor. Sie hatte einen Durchmesser von 3m, das Gerät arbeitete bei einer Frequenz von 565 MHz und erreichte mit 8 kW Pulsleistung eine instrumentierte Reichweite von 40 km.

Würzburg C verfügte als Verbesserung gegenüber der Version A über eine Antenne mit einem exzentrisch rotierenden Speisedipol anstelle eines feststehenden, sodass das Antennendiagramm auf einem Kegelmantel umlief und eine Minimumpeilung in zwei Ebenen möglich war. Seine Messgenauigkeit erreichte mit maximalen Fehlerwerten von ± 25 m bis ± 40 m für die Entfernung und von ± 0.5° für den Azimut- und Elevationswinkel eine beachtliche Präzision. Bis zum Kriegsende wurden 4000 Würzburg-Geräte gebaut

Abb.8: Würzburg A
Abb.9: FuMG 39 "Würzburg"

Zur Unterstützung der Jägerführung durch Freya wurde das Gerät Würzburg-Riese (Abb.10) als Zielverfolgungsradar eingeführt. Es besaß einen Parabolspeigel von 7.4 m Durchmesser und eine dadurch vergrößerte Reichweite von bis zu 70km

Abb.10: Sechseckiger Sockel und quadratischer Sockel des Würzburg-Riesen

Technische Daten: Würzburg Riese - FuMG 65
Hersteller: Telefunken
Bedienung: 6 Mann
Breite: 4,30m
Länge: 7,60m
Höhe: 10,20m
Spiegeldurchmesser: 7,40m
Gewicht: 15 Tonnen
Schwenkbereich: 360 Grad horizontal, 90 Grad vertikal
Sendeleistung: 8 kW
Frequenz: 560 MHz (53,6cm)
Reichweite: 70 Km.
Quelle: FuMG der Firma Lorenz und Telefunken- www.luftwaffen- Projekte


7. Bescheid - Der „Löschteich“

Am 17. März 44 griff die 15th USAAF erstmals den Raum Wien an und nahm dort die Treibstoffindustrie ins Visier. Diese Bombenangriffe könnten der Grund sein, dass Produktionsstätten für einen eigenen Brandschutz sorgen mussten.

Auf dem Areal „Faniteum“ wurde in einem Bescheid vom 26.Oktober 1944 für die Errichtung eines Löschwasserteiches mit 100m³ Inhalt (Abb.11) die Zustimmung erteilt bzw. zur Kenntnis genommen.

Abb.11: Einreichplan mit Löschwasserteich. Dieser Einreichplan der Fa. Eumig wurde „Werkluftschutzmäßig“ überprüft.


8. Fa. Eumig - Chronik bis 1945

Eumig war ein österreichischer Hersteller von Radios, Filmkameras und -projektoren, Tonbandgeräten und Kassettendecks.

Im Jahr 1919 wurde Eumig als "Elektrizitäts- und Metallwaren - Industrie Gesellschaft mbH." in der Linken Wienzeile 86, in 1060 Wien von Karl Vockenhuber, Ing. Alois Handler und Adolf Halpern (welcher den Großteil der finanziellen Mittel einbrachte) gegründet. Am Anfang wurden Feuerzeuge aus Patronenhülsen, Zigarettendosen und diverses Elektromaterial erzeugt. Noch im gleichen Jahr übersiedelte Eumig in die Schallergasse 42 in 1120 Wien.

1921 übersiedelte das Unternehmen in die Hirschengasse 5 in 1060 Wien. Eumig hatte 65 Beschäftigte. 1924 begann Eumig mit der Produktion von Rundfunkgeräten ("Low Loss Detektor Empfänger" und "Eumig Baby"). 1926 wurde der Firmenmitbegründer Adolf Halpern ausbezahlt und schied aus der Firma aus.

1928 begann Eumig mit der Entwicklung von Filmgeräten. 1931 kam der erste Filmprojektor "Eumig P1" für 16 mm-Film auf den Markt. 1932 wurde die erste Filmkamera "Eumig C1" für 9,5 mm-Film vorgestellt. 1935 brachte Eumig die Filmkamera "Eumig C2" für 9,5 mm-Film (erste Filmkamera der Welt mit halbautomatischer Nachführbelichtungsregelung) heraus.

1935 erwarb Eumig die Firma Panradio in Wien X., Buchengasse 11-13.

Abb.12: Das Eumig - Werk in Wien 10, Buchengasse. Foto: Eumig

Während der Kriegsjahre musste Eumig neben Radios auch militärische Geräte erzeugen. 1937 brachte Eumig die Filmkamera "Eumig C3" mit Antrieb durch Federwerk (insgesamt werden von der C3-Serie ca. 300.000 Stück erzeugt) und die Filmkamera "Eumig C4" mit Antrieb durch Elektromotor (erste Amateur-Filmkamera der Welt mit elektrischem Antrieb) auf den Markt. 1941 hatte Eumig 1000 Beschäftigte. 1945 wurde das Eumig-Werk in der Buchengasse in Wien durch Bombentreffer zerstört.

Abb.13: Zerstörtes Eumig - Werk nach einem Bombentreffer 1945. Foto: Eumig

Maschinen wurden aber schon im Jahr davor in ein Zweitwerk nach Micheldorf übersiedelt. 1951 stirbt K. Vockenhuber, 1960 A. Handler.
Quelle: Wikipedia_Eumig


9. Fa. Eumig - Fertigungskennzeichen der Deutschen Wehrmacht

GEHEIM!
Oberkommando des Heeres (Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres) Heereswaffenamt Wa Z 2
Liste der Fertigungszeichen für Waffen, Munition und Gerät (Nach Buchstabengruppen geordnet)
Berlin 1944

Während des 2. Weltkrieges sind alle Ausrüstungsgegenstände der deutschen Wehrmacht zum Zwecke der Geheimhaltung mit verschlüsselten Fertigungskennzeichen versehen worden. Auf 782 Seiten findet man in diesem Nachschlagewerk die genauen Anschriften zu 8887 Geheim-Code-Bezeichnungen, und zwar der einstelligen von „a bis z“, der zweistelligen von „aa bis zz“ und der dreistelligen von „aaa bis ozz“, die von 1940 bis 1945 vergeben wurden. Das Werk enthält also tausende von Eintragungen, die die Identifizierung von Waffen, Munition und Gerät der ehemaligen deutschen Wehrmacht erleichtern (Abb.14).

Der dreistellige Fertigungscode von Eumig:
Firma: Eumig
Beginn: 1919
Ende: 1962 Radios
Fertigungskennzeichen der Deutschen Wehrmacht: bno

Abb.14: Das Code Buch
Quelle: Karl R. Pawlas – Das große Code Buch


10. „Militärische Geräte“ von Eumig

Als am 1.September 1939 deutsche Truppen in Polen einmarschierten und damit der Zweite Weltkrieg ausbrach, hatte dies auch natürlich tiefgreifende Auswirkungen auf Eumig zur Folge. In den ersten zwanzig Jahren des Bestehens war die Firma von einem kleinen Gewerbebetrieb zu einem der bedeutendsten österreichischen Radioerzeuger (Abb.15) und gleichzeitig Hersteller von Amateur-Kino-Geräten gewachsen. Bedeutende techn. Entwicklungen hatten den Ruf des Unternehmens weit über die Grenzen Österreichs hinaus verbreitet.

Nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde auch Eumig angeschlossen - an die deutsche Radioindustrie. Ing. Leopold Kreutz wurde in das deutsche Reichskomitee für Volksempfänger geholt. Eumig erhielt - wie jeder andere deutsche Produzent ein bestimmtes Kontigent an „Volksempfängern“ (Abb.16) zu fertigen. Dieser „deutsche Kleinempfänger“ war ein ganz einfaches Gerät für Wechsel- und Gleichstrom, der Stromverbrauch betrug bei 220 Volt etwa 15 Watt. Für den Empfang von Sendern der Umgebung genügte meistens ein Draht als Zimmerantenne. Die so erfolgreiche Erzeugung der Eumig - Radios musste schlagartig eingestellt werden.

Abb.15: Eumig – Radio
Abb.16: Volksempfänger VE301Dyn

Kurz nach dem Polen - Feldzug im Jahr 1939 wurde Eumig zum Rüstungsbetrieb der deutschen Wehrmacht erklärt. Mit Beginn des Krieges wurde Eumig gezwungen, die Friedensproduktion einzuschränken und sukzessive aufzulassen und wurde genötigt, die ganze Kapazität der Kriegswirtschaft zu widmen.

In dieser Umbruchsphase entstand folgendes Leitbild:

„Wenn wir schon Rüstungsbetrieb sein müssen, dann wollen wir nur Verteidigungswaffen herstellen, aber keine Angriffswaffen. Und Geräte erzeugen, von denen wir für später Erfahrungen auf technischem Gebiet mitnehmen können.“

So erhielt Eumig Wehrmachtsaufträge für die Herstellung von:

• Sende – und Empfangsanlagen für die Marine,
• Ein Tornister – Sende – und Empfangsgerät für das Heer (in Montagefertigung)
• Zündgeräten für Minen sowie später
• Batteriemotoren für Wettersonden zugewiesen.

Schon Anfang 1940 wurden für alle Eumig - Mitarbeiter, damals „Gefolgschaftsmitglieder der Eumig“ genannt, Werksausweise ausgestellt. Die während des Krieges erzeugten Geräte waren jedoch nicht ohne weiteres als von Eumig hergestellt zu identifizieren.

Jedes der von Eumig erzeugten Produkte erhielt als Kennung die Abkürzung „bno“ (siehe Kapitel 9 - Fertigungskennzeichen der Deutschen Wehrmacht), einen Decknamen, um den Hersteller zu tarnen. In der Abb.17 ist auf den Zündgeräten für Minen diese dreistellige Fertigungs-kennzahl von Eumig gut sichtbar (gelbe Markierung)

Abb.17: Eumig - Zündgeräte für Minen

Den anfangs bei Eumig hergestellten magnetischen Minen folgten schon 1941 akustische Minen, die auf Tieftonstörungen reagierten (schon auf 5-Hz-Motorengeräusche). Aus militärischen Überlegungen wird zwischen offensivem und defensivem Mineneinsatz unterschieden. Anmerkung: Eumig baut nur Defensivwaffen! Als offensiv wird ein Mineneinsatz in den Gewässern eines Gegners oder auf den von ihm benutzten Seewegen bezeichnet. In und vor eigenen Gewässern werden hingegen defensive Minensperren gelegt.
Offensive Minensperren sollen den Gegner daran hindern, seine Häfen zu verlassen oder in zwingen, Seewege zu wählen, auf denen man ihn besser angreifen kann. So kann es die Aufgabe einer Minensperre sein, einen Seeweg entlang der Küste zu sperren und gegnerische Schiffe ins tiefe Wasser zu zwingen, wo man besser U-Boote gegen sie einsetzen kann.

Bei defensiven Minensperren vor der eigenen Küste wird man stets verdeckte Durchlässe für den eigenen Schiffsverkehr bestehen lassen. Diese können in einigen Fällen durch kontrollierte Minen zusätzlich gesichert werden.
Quelle: wikipedia /Seemine

Eumig - Beschäftigte arbeiteten nun nicht mehr allein in der Buchengasse in Wien 10, sondern auch in Außenstellen. Folgende Außenstellen wurden für die Eumig - Kriegsproduktion genützt:

• In Wien 13; Ober St. Veit - Hagenberggasse (Standort konnte noch nicht lokalisiert werden) wurde ein magnetischer Prüfstand für die Minenfertigung eingerichtet. Dort arbeiteten rund ein Dutzend Techniker.

• In Wien 13; „FANITEUM“ – Auf diesem Areal, war die Fa. Kapsch & Söhne vermutlich seit 1938 einquartiert. Dort wurden von etwa 30 Mitarbeitern Eichungen und Einstellarbeiten durchgeführt, die in Wien 10, Buchengasse wegen der großen Störfaktoren (nahegelegener Straßenverkehr und ähnliches mehr) nicht gemacht werden konnten.

Quelle: Dr. Gerhard Friedrich- 60 Jahre Eumig


10.1. Zünderfund bei Brunnensanierung im Kloster "Faniteum"

Bei Brunnensanierungsarbeiten im Kloster wurden 2003(?) Dutzende bno- Zünder aus dem Brunnen geborgen. Da der anwesende Entminungsdienst sie als ungefährlich einstufte, wurden alle Zünder gesammelt und gemeinsam entsorgt.

Abb.17a: Gesammelte bno - Zünder

Zwei Zünder wurden von den Schwestern als Schaustück verwahrt und im September 2006, bei den Recherchen des Bezirksmuseums Hietzing erstmals präsentiert. Mit den vorhandenen Fotos, Fachliteratur und den Schauobjekten, ist nun der schlüssige Beweis erbracht, dass im Kloster wirklich von der Fa. Eumig Zünder für Seeminen erzeugt wurden.

Abb.17b: Zündervergleich – Schaubild und geborgene Zünder


Anmerkung: Detailbescheibungen von Ing. Hans Popp zu den Zündern und Seeminen werden in dieser Internet-Darstellung weggelassen (Kapitel 10.2-12).


13. Das Kriegsende im „Faniteum“

Bei den schweren Bombenangriffen am Vormittag des 13. Februar 1945 erlitten die Eumig - Werke I und II in Wien 10, Buchengasse gewaltige Schäden.

Fertigwaren, Halbfabrikate, Werkzeuge und Transportmittel, die übrig geblieben waren, wurden in die Ausweichlokale Faniteum, Stollwerck, Rudolfsplatz 6 und Puchsbaumgasse 26 bzw. in die noch erhaltenen gebliebenen Räume der Werke I und II gebracht.

Abb.20: Faniteum 1945. Foto: Eumig

Im Faniteum (Abb.20) selbst wurden Radio - Geräteröhren eingelagert, die Eumig in die Lage versetzt hätte, nach Kriegsende etwa 2000 einfachste Radiogeräte sofort zu produzieren. Nach Kriegsende übergab die britische Besatzungsmacht des Faniteums trotz unzähliger Vorsprachen und Interventionen diese „wertvollen Radioröhren“ nicht der Eumig- Werksleitung. Somit war dies das Ende der industriellen Entwicklung im "Faniteum".

Quelle: Die Eumig - Reportage: April 1975 - April 1945 S12


14. Zusammenfassung: Faniteum von 1938 – 1945

Mit dieser Publikation dürfte erstmals eine historische Lücke in der Geschichte des Faniteums geschlossen worden sein.

Die bisher unbekannte Außenstelle von EUMIG in Wien 13, Hagenberggasse und die Erstbenützung des Fanteum - Areals 1938 durch die Fa. Kapsch & Söhne, sind eine solide Basis für weitere Recherchen zu diesem Thema.
Auch die „pazifistische“ Einstellung der EUMIG - Geschäftsleitung durch Produktion von passiven Rüstungssystemen war bisher in der Literatur nicht nachvollziehbar.

Trotz massivsten Luftangriffen auf Wien (Luftbombardements), wurden die beschriebenen Außenstellen des Rüstungsbetriebes niemals bombardiert. Der Grund dafür könnte die günstige Lage im äußeren Ring des Flakgürtels von Wien sein. Eingebetet zwischen den Flak-Batterien Himmelhof (5./523), Roter Berg und der Flak - Kaserne Küniglberg (303/XVII), erreichte keine Bombe diese Rüstungsbetriebe, hingegen jedoch die EUMIG - Hauptwerke I und II in Wien 10, Buchengasse.

Durch EUMIG-Visionen für eine Produktion nach dem Krieg – EUMIG war nie deutsches Eigentum - wurde eine Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bis zum Konkurs geschaffen.

Ing. Hans F. Popp, 1130 Wien, Ober St. Veiter Familiengärten
September 2006