Der Schnapsbrenner vom Trazerberg

04.10.2006

Bier und später Wein sind die ältesten alkoholischen Getränke, Ägypter, Babylonier und Sumerer kannten sie bereits. Die Destillation dürfte im Vergleich dazu nur eine recht junge Geschichte haben und erst im Mittelalter bekannt geworden sein. Sie kann im Rahmen der Chemikalienherstellung zur Gewinnung eines möglichst reinen Stoffes dienen oder aber auch zur Herstellung von Alkohol zu Genusszwecken, dies bezeichnet man als „Brennen“. Hier steht nicht der reine Stoff im Vordergrund sondern eine wohlschmeckende Mischung aus Alkohol, Wasser und Aromen.

Ausgangspunkt der Brennerei ist die vergorene und damit alkoholhaltige Maische. Ausgenützt werden die unterschiedlichen Siedepunkte von Alkohol und Wasser (78,3 °C bei Alkohol und 100 °C bei Wasser). Erhitzt man die Maische auf eine wenig über dem Siedepunkt des Alkohols liegende Temperatur, verdunstet an der Flüssigkeitsoberfläche ein Gemisch aus Alkohol, Wasser und den Wert des Endproduktes bestimmende Aromakomponenten, wobei je nach Dampfdruck, Temperatur und Fortschritt der Destillation der Alkohol mehr oder weniger überwiegt. Qualitätsmindernde Nebenbestandteile der alkoholischen Gärung oder unerwünschte Stoffwechselprodukte schädlicher Mikroorganismen sollen im Destillatrückstand, der Schlempe, verbleiben. Das verdampfte Gemisch wird durch das Überlaufrohr zum Kühlturm geleitet, kondensiert in der Kühlschlange und läuft über den Messzylinder in dem sich die Alkoholwaage oder das Areometer befindet in das Auffanggefäß.

Ich habe nun Anfang Oktober Herrn Rudolf Wawra in seinem Kleingartenhaus in der Kleingartenanlage am Trazerberg besucht und den fast schon historischen Vorgang des privaten Schnapsbrennens festgehalten. Natürlich benötigt man, um offiziell brennen zu dürfen, eine staatliche Genehmigung. Früher wurde diese Genehmigung durch das Finanzamt für Monopole in Wien erteilt, heute erledigt dies das Zollamt Wien. Auf diesen Amtsweg wird man schon beim Kauf eines Schnapskessels geleitet, denn der Erzeuger oder Händler ist verpflichtet, den Namen des Käufers umgehend dem Zollamt zu melden. Die zuständigen Beamten erscheinen vor Ort und plombieren den Kessel.

Herr Wawra brennt seit 1974. Früher gab es am Trazerberg 10 Schnapsbrenner samt Gemeinschaftshütte mit vereinseigenem Kessel. Als der Vereinskessel ausgedient hatte, erstand Herr Wawra im Jahre 1983 einen eigenen Kessel. Damals waren nur mehr 4 Brenner aktiv, die fortan Herrn Wawras Kessel benutzten.

Der Brennvorgang beginnt eigentlich schon mit der Obsternte. Eine wesentliche Voraussetzung im Rahmen der Erlaubnis als „Obstabfindungsbrennerei“ sind die eigenen Obstbäume, denn es darf nur eigenes Obst verwertet werden. Herr Wawra brachte es auf 200 Liter Maische aus im Juli und August geernteten Marillen. Die Kerne wurden händisch entfernt, da sie wegen ihrem Blausäureanteil den Schnaps bitter machen würden. Nur ein paar Kerne bleiben zwecks besonderer Geschmacksnote bei der Maische. Verschlossen in lebensmittelechten Fässern, mit einem Gärrohr als Druckausgleich, vergären nun Mikroorganismen den Fruchtzucker des Obstes zu Alkohol.

Gebrannt wird nach Abschluss der Gärung im Oktober. Als erster Schritt ist die zollamtliche Anmeldung für den Brennbeginn erforderlich. Herr Wawra hat das Recht, bei angemeldetem Brennbeginn, in seinem Falle 7:00 Uhr, pünktlich die Verschlussplombe zu entfernen und dann 12 Stunden ununterbrochen Schnaps zu destillieren. Daraus entsteht natürlich ein gewisser Zeitdruck und alles muss bestens vorbereitet sein.

Der erste Brand ist der Luderbrand, bei diesem können noch Fuselöle entstehen, die dann beim zweiten Brand (daher: doppelt gebrannter Schnaps) eliminiert werden. Beim Zweitbrand kommt das Destillat des Erstbrandes neuerlich in den Kessel, etwas weniger als die Hälfte bleibt dann als endgültiges Resultat übrig. Um den Schnaps trinkfertig zu machen, bedarf es einer Mischung aus starkem und schwachem Destillats mit destilliertem Wasser. Der Alkoholanteil schwächt sich im Laufe des Brennvorganges ab. Der erste Alkohol, der beim Zweitbrand herauskommt ist der so genannte Vorlauf und wird seiner Hochprozentigkeit wegen oft auch als Einreibmittel bei diversen Leiden verwendet. Der trinkfähige Schnaps enthält dann zirka ca. 43% Alkohol. Der Kessel Herrn Wawras gestattet es, an einem Tag ca. 100 Liter Maische zu verarbeiten, die Alkoholausbeute beträgt je nach Fruchtart etwa 2 bis 10 Liter.

So, jetzt wollen wir dem „Letzten Brenner Ober St. Veits“ bei der Arbeit zusehen:
<p>Die Fässer mit der Alko-Maische stehen bereit.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die Alko-Maische wird aus dem Maischefass entnommen.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Einfüllen der Maische in den Kessel.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Der Wasserbadkessel ist schon heiß und die Maische brodelt bereits.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Verschließen des Kessels, &quot;Helm&quot; aufsetzen.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Verschrauben des Kessel-Helms. Oberhalb der linken Hand ist das Manometer des Sicherheitsventils sichtbar.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Das Überlaufrohr (Dampfrohr) wird mit dem Kessel verbunden.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Das Überlaufrohr zum Kühlturm wird festgezogen.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Der Kessel ist betriebsbereit.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Wegen der geringen Verdampfungsfläche ist der untere Teil der 11-Kilo-Gasflasche bereits vereist.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die Brenndüsen des Kessels.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die Kühlschlange im Kühlturm zur Kondensation des Alkoholdampfes (Wasserkühlung).</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Der Alkohol fließt in dünnem Strahl.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die Alkoholwaage wird eingeschoben.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Ein Gurkenglas als Auffanggefäß.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Das Alkohol-Wassergemisch.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Messung des Alkoholanteiles.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die ausgebrannte Maische.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die ausgebrannte Maische wird ausgeleert.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Ein Schieber wird zu Hilfe genommen.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die &quot;leere&quot; Maische kühlt aus.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Der Erstbrand wird in den Kessel für den Zweitbrand gefüllt.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Soll das Werk den Meister loben ...</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Wohl bekomm&#039;s, nur nicht zu viel!</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p>Die Flaschen für die Abfüllung stehen bereit.</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Rudolf Wawra, hojos
4. Oktober 2006