Die Weidman - Kapelle

Für die Sonderausgabe Nr. 1 des Ober St. Veiter Blattls gesammelte Materialien
1894

Alle von Herrn Josef Weidman auf dem Stock im Weg errichteten Gebäude sind abgekommen.

Alle, bis auf eines: Die zum Gedenken an seine Eltern Anna und Georg Weidman errichtete Kapelle besteht noch. Sie steht an einem Weg, der einst zum Weidmanschen Sommersitz führte, unterhalb eines – ebenfalls nicht mehr existenten – hölzernen Jagdhauses, heute ist dies die Straße zum Lindwurm.

Das Jahr der Errichtung dieser Kapelle ist unbekannt und lässt sich nur folgendermaßen eingrenzen: Der Vater Josef Weidmans, Georg Weidman starb am 1.5.1878, die Mutter Anna Weidman am 10.4.1894. Der Kauf der Grundstücke am Stock im Weg fand in den Jahren zwischen 1890 und 1894 statt. Josef Weidman selbst starb am 11.1.1905, seine Frau Julie Weidman im November des gleichen Jahres. Das Areal am Stock im Weg wurde von der Erbin Johanna Berg (Schwester von Julie Weidman) mit Vertrag vom 5.7.1907 an die Gemeinde Wien verkauft. Die Errichtung kann demnach auf 1894 bis 1905 eingegrenzt werden, am Wahrscheinlichsten ist 1894, das Todesjahr der Mutter.

Die Betreuung der Kapelle nach dem Tod des Ehepaares Weidman wird wohl zunächst von den Pächtern (Familie Doll) wahrgenommen worden sein. Jedenfalls wurden die beiden an den Wänden links und rechts angebrachten gerahmten Gedenktafeln von Cornelia Doll (Tochter von Alfred Doll sen.) und ihrem Schwager Leopold Reuter 1916 gespendet. Sie ersetzten die ursprüngliche gotische Erinnerungstafel. Diese gotische Tafel war mit dem Verkauf des Areals von der Familie Berg gemeinsam mit anderen Dingen (wertvoller Renaissance-Kachelofen, ein Gegenstück zu dem auf der Feste Hohensalzburg) abgetragen worden. Die Tafel ging später in den Besitz des Managers von Max Reinhard über (siehe Erich Alban Berg: Als der Adler noch zwei Köpfe hatte, Seiten 51-52).

Das Schicksal der Kapelle in der Zeit um den Zweiten Weltkrieg liegt im Dunkeln. Irgendwann begann eine alte Frau mit der Betreuung der Kapelle, der Schlüssel ging nach deren Tod an die Oberin des St. Josef-Spitals. Die Kapelle war zu diesem Zeitpunkt bereits in schlechtem Zustand.

Ab 1979 übernahm die Familie Dachler (= die heutigen Betreuer) die Obhut über die Kapelle und finanzierte und beauftrage (laut eigener Angabe) ca. 6-7 Jahre später eine Renovierung mit einer Auftragssumme von rd. ATS 10.000,--. Im Zuge dieser Renovierung verschwand wohl der blaue Anstrich samt Sternenhimmel. Eine solide Arbeit scheint das beauftragte Unternehmen nicht geleistet zu haben, denn schon 1993 führte der erbärmliche Zustand der Kapelle zu einem neuerlichen Rettungsversuch durch die Herren Clemens Papak, Gebhard Klötzl und Rupert Klötzl, die als Notmaßnahme das Dach abdichteten.

1998 wurde der Vorgang eingeleitet, der schlussendlich zur Generalsanierung im Jahre 2004 führte: Die Familie Dachler suchte den Eigentümer und übergab 1999 den Schlüssel an die Forstverwaltung der Stadt Wien. Nach Klärung der Zuständigkeitsfrage wurde 2003 die Renovierung von der MA 49, Forstamt der Stadt Wien, Forstverwaltung Lainz begonnen und 2004 abgeschlossen.

Alle Gegenstände befinden sich wieder an ihren angestammten Plätzen, neben den üblichen Dingen und Devotionalien sind das die beiden Gedenktafeln und das Marienbildnis im Inneren der Kapelle, die wertvolle schmiedeeiserne Gittertür, das Vordach und das Kreuz über dem neuen Kupferdach. Neben dem Herz auf der Gittertür und dem Marienkreuz schmücken die Kapelle weitere Zeichen der Marienverehrung, wie Sonne und Mond auf dem Vordach und früher auch ein hellblauer Anstrich mit Sternenhimmel.

Manche Indizien, wie zum Beispiel die Einäscherung im laizistischen Italien weisen Weidman als Freimaurer aus und geben einzelnen Elementen wie Sonne und Mond auch andere Interpretationsmöglichkeiten.

Die Einweihung der Kapelle erfolgte am 18. Mai 2004 durch Pfarrer Paul Fetzer in Anwesenheit von Frau Umweltstadtrat Kossina, der Bezirksvorstehung, den Organen der Forstverwaltung und deren durchführenden Mitarbeitern.

Der Schlüssel zur Kapelle war dem Ehepaar Dachler schon am Vortag mit der Bitte überreichtworden, die Pflege der Kapelle wieder zu übernehmen.

Zu den Fotos von der Einweihung der Kapelle führt dieser LINK.

Quellen:
Erich Alban Berg: Alban Berg, Leben und Werk in Daten und Bildern, 1976;
Erich Alban Berg: Als der Adler noch zwei Köpfe hatte, 1980;
Julius Hirt: Vergangenheit und Gegenwart ... Ober St. Veits, 1955;
Gebhard Klötzl: Die Fabriken des Wientals, in Penzinger Museumsblätter Heft 61, 2004;
Josef Kraft: Aus der Vergangenheit von Ober-St. Veit, 1952;
Gerhard Weissenbacher: In Hietzing gebaut, 1996;

hojos
im Juni 2004